Mehrstoffkatalysatoren; Aktivierung und Vergiftung. 9
Wirkung als notwendig, d.h. durch „verborgene Affinitäten‘‘
bedingt, erkannt und begriffen werden kann, so ist doch noch
kaum ein einziger Katalysator in der Technik durch theoretische
Deduktion aufgefunden worden; und auch heute noch ist man dort
im wesentlichen auf den „Zufall‘ und vor allem auf planmäßiges
unermüdliches „Suchen und Ausprobieren‘ angewiesen.
Sind zwei oder mehr Stoffe gleichzeitig vorhanden, die kata-
lytisch wirken können, so findet nur ausnahmsweise eine einfache
Summation statt; oft tritt durch „Synergie‘“ oder „Aktivierung“
(einseitige oder wechselseitige) eine eigenartige und überraschende
Mehr- oder Neuwirkung des Mehrstoffkatalysators auf, so daß sich
Gemische katalytisch oft „wie neue Verbindungen verhalten‘
(WILLSTÄTTER)!?, Demgemäß erscheint es heute schon geradezu
als Ausnahme, wenn bei katalytischen Großprozessen in der Tech-
nik einfache Stoffe als Katalysatoren verwendet werden; in der
Regel sind es raffiniert ausgesuchte Stoffgemische ganz spezieller
Herstellung, die zur Verwendung gelangen (mit „Exzitatoren,
Aktivatoren, Verstärkern, Promotern‘“: BREDIG, MiıTTASCH), da
sie „„Einstoffkatalysatoren‘“ in bezug auf Stärke oder Dauer-
haftigkeit der Wirkung oder auch in bezug auf die Spezifität der
Leistung (bestimmte Reaktionsrichtung mit möglichst wenig Ver-
geudung in aufsplitternden Nebenreaktionen) weit überlegen sind!?,
Das negative Gegenstück der stofflichen Aktivierung (Ver-
stärkung oder Mehrwirkung) ist die Hemmung, Lähmung oder
„Vergiftung“ des katalysierenden Stoffes durch Begleitstoffe, die
schon aus den Anfängen der Katalyse (DÖBEREINER, TURNER,
FARADAY usw.) bekannt ist. Bei dieser Beeinträchtigung der
katalytischen Wirkung durch Fremdstoffe („Paralysatoren‘‘) hat
man im Falle heterogener oder mikroheterogener Systeme — wie
schon BREDIG bekannt war — von der eigentlichen „Vergiftung“
(z. B. spezifisch-chemische Bindung katalysierender Metallatome
— auch in Komplexen — durch Schwefel, Cyan usw.) die bloße
reversible „physikalische Verdrängung aus der Oberfläche“ zu
unterscheiden, die im Biologischen, z. B. bei der Wirkung der
Narkotika, gleichfalls eine Rolle spielen kann (I. TRAUBE, WAR-
BURG u. a.). Der „Vergiftung‘ nahe steht die negative Katalyse,
die oft (z. B. bei Autoxydationen) als eine „Abbrechung von
Reaktionsketten‘“, etwa durch Wandreaktionen oder durch be-
stimmte Gase, erkannt wurde,