Der Katalysebegriff nach Form und Inhalt.
Theorie und Reaktionsmechanismus der Katalyse;
Verlauf über Zwischenverbindungen und Zwischenzustände.
Hinsichtlich der streng wissenschaftlichen, d. h. energetischen und
reaktionskinetischen Behandlung der Katalyse, auf die nicht aus-
führlich eingegangen werden kann, sei zunächst daran erinnert,
daß in der Definition von BERZELIUS wie in derjenigen von OsT-
WALD offengelassen ist, durch welchen Reaktionsmechanismus die
Katalyse bewirkt wird; und das ist gut so, da grundsätzlich ver-
schiedene Möglichkeiten vorhanden sind. Dennoch hat sich in
weitaus den meisten der untersuchten Fälle gezeigt, daß der
Katalysator durch seine Gegenwart in der Weise tätig ist, daß
er „seine eigenen Reaktionen zu denjenigen der anderen Stoffe
hinzufügt‘ (TrRAUTZ) und dadurch die Entstehung neuer Elemen-
tarakte und neuer kurzlebiger „Zwischenverbindungen‘‘ ermöglicht,
die zu einem neuen Gesamtgeschehen führen (‚„„Zwischenreaktions-
theorie‘‘). („Nicht Stoffe, nur Reaktionen katalysieren‘“, E. ABEL.)
Hierbei ist Voraussetzung, daß in einem reaktionsfähigen System
in der Regel Hemmungen bestehen, indem nur wenige (zuweilen
gar keine?) Korpuskeln den für die Reaktion erforderlichen Aktivi-
tätsgrad besitzen, und daß durch die Einführung eines Katalysators
mit neuen, wenn auch schwachen ‚„,Affinitäten‘“ („„Restaffinitäten“
usw.) der erforderliche intermediäre Energiehub vermindert (die
„Aktivierungswärme‘“ — nach TRAUTZ — erniedrigt) wird, so
daß günstigere Bedingungen für den Reaktionsverlauf entstehen.
BODENSTEIN: „Damit sich eine Molekel des Ausgangsstoffes umsetzen
kann, muß sie über den normalen Energiegehalt noch die Aktivierungs-
wärme besitzen.‘ Nach MARK wird „durch Veränderung der Atomabstände,
Verstärkung der Atomschwingungen oder vollkommene Aufgabe ihrer
Existenz infolge Bildung von Zwischenverbindungen der Energiegehalt
der Molekel erhöht; es entsteht eine aktive Molekel‘‘. Oder (nach FRANKEN-
BURGER): Bestimmte Atome oder Atomgruppen der Substratmolekel er-
fahren durch spezifische Affinität (Haupt- oder Nebenvalenzen) zu solchen
des Katalysators eine Lockerung, wobei ungleiche Katalysatoren je nach
ihrer Art mit dieser Affinitätsbeanspruchung an verschiedenen Stellen
der Substratmolekel ansetzen und so „durch auswählende Aktivierung
einzelner Bindungen oder Schwingungsfreiheitsgrade‘“ der reagierenden
Molekeln die Grundlage für eine Reaktionslenkung schaffen können.
Dabei ist es wichtig, daß die intermediäre Bindung des Kataly-
sators an die Reaktionsteilnehmer — und vor allem auch an das
entstehende Produkt — nicht zu fest ist, da sonst kein rascher
Rückzerfall des gebildeten Katalysator-Substrat-Kommplexes eintritt