Full text: Über katalytische Verursachung im biologischen Geschehen

46 Beziehungen zu Reizwirkung und Instinkthandlung. 
such einer synthetischen Biologie, S. 80. 1923), ist zum mindesten 
im Falle katalytisch-chemischer Reize, dem Wesen der Katalyse 
entsprechend, durchaus unrichtig. Bei zahlreichen inneren Reizen 
des Organismus, namentlich hormonaler Art, erscheint es ohne 
weiteres möglich, daß von Reizstoffen biokatalytische Wirkungen 
ausgeübt werden, die sich bis weit in das Gebiet des Psychophysi- 
schen hinein erstrecken können. 
An einem besonderen Beispiel sei noch dargetan, wie möglicherweise 
ein biokatalytisch wirkender Stoff als Reiz ganze Reaktionsketten und 
Formbildungsfolzen nach sich ziehen kann: Bei der „fremddienlichen 
Zweckmäßigkeit‘“ der Gallenbildung an. Laubblättern durch den Stich von 
Parasiten wird angenommen (DEMOLL), daß „der Parasit den Schlüssel 
gefunden hat, um das richtige Fach des normalen Könnens bei der Pflanze 
aufzuschließen und weiter, um dieses Können in besondere, oft recht ab- 
sonderliche Bahnen zu lenken‘. Das klingt aber ganz an unsere Katalysator- 
definition an, und es ist vielleicht nicht allzu vermessen, hier eine wirkliche 
biokatalytische Reizwirkung anzunehmen, wenn etwa im Falle der „Deckel- 
gallen‘ der Parasit „mit einem oder vielleicht auch einigen chemischen 
Stoffen, die er (und das sich entwickelnde Ei) absondert, in so hohem Maße 
einen struktur-bedingenden Bildungsreiz zu geben vermag‘‘, daß ein Gallen- 
gewebe (mit dem Gallmückenei in der Mitte) entsteht und sich zu einer 
wohlgeformten und kompliziert aufgebauten Kugel entwickelt, worauf 
schließlich im richtigen Zeitpunkt vor dem Ausschlüpfen der neuen Mücke 
„entlang einer kreisförmigen Linie eine Trennung im Gewebe stattfindet 
und der von dem Kreise umschriebene Teil der Gallenwand als Deckel 
abgestoßen wird‘, gleich dem Spund aus dem Spundloch eines Fasses, 
„wie mit dem Zirkel gezogen und mit scharfem Messer geschnitten‘‘8? 
In unseren letzten Ausführungen sind wir mit dem Katalysator- 
begriff bis hart an die Schwelle tierischer Instinkthandlungen ge- 
langt, und es ist kurz noch zu erörtern, ob allgemein katalytische 
Erscheinungen und Auswirkungen auch im Instinktgebiet selbst 
eine Rolle spielen können. Diese Frage ist grundsätzlich zu be- 
jahen, zumal seit erkannt worden ist, daß die soviel umstrittenen 
tierischen Instinkte sich schon beim Fehlen eines Nervensystems 
und unabhängig von einem solchen entwickeln. Nach L. R. ML- 
LER (Erlangen) werden außerhalb des Nervensystems Keizstoffe 
gebildet, die Instinkthandlungen verursachen. Und DEMOLL be- 
tont, daß die Instinkthandlungen aus den gleichen (unbekannten) 
Ursachen folgen wie die organischen Formentwicklungen und die 
allgemeinen Organfunktionen, und daß sie, obwohl oft das Bild 
seltsamer Wege bietend, doch nach einer Auflösung in Kausal- 
ketten verlangen. So wie sich die Instinkte der „Taxien‘‘ und
	        
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