Der Katalysebegriff ermöglicht „Prophezeiung‘‘. 59
in Weiterverfolgung bis in das Makrogeschehen mehrfach zu bestimmten
Aussagen einer allgemeinen „Akausalität‘“ und damit zu einer gewissen
Erschütterung des Ursachenbegriffes geführt haben. Dabei aber wird von
der Wissenschaft nach wie vor anerkannt, daß wir nicht „aus einem Meß-
vresultat auf Eigenschaften des beobachteten Objektes schließen könnten,
wenn das Kausalgesetz nicht einen eindeutigen Zusammenhang zwischen
beiden garantierte‘ (HEISENBERG; 8. auch BAUCH, Bl. deutsche Philos. 9,
125).
Die „Kausalitätsschmerzen“‘ also (A. MEYER), die man schon vor zwei-
tausend Jahren kannte (CHRYSIPPOS gegen Atomistiker, 200 v. Chr., siehe
v. LIPPMANN, Chem.-Ztg. 1929, 257), und die in Zeiten der Eröffnung neuer
physikalischer Erkenntnisgebiete — wie in den letzten Jahrzehnten —
besonders leicht auftreten können, lösen sich regelmäßig in dem Gewahr-
werden auf, daß nicht eine Aufhebung der „Kausalität‘““ (als „Naturgesetz‘‘)
stattgefunden hat, sondern daß das Kausalitätsbedürfnis und das Kau-
salitätspostulat in neuartiger und schließlich vollkommenerer Weise be-
friedigt wird — (PLANCK, V. Mıszs, HEISENBERG); würde ja auch andern-
falls „den Dämonen des Wilden Tür und Tor geöffnet!‘ (EDDINGTON).
SCHLICK: Das Kausalprinzip ist nicht eine Tatsache, sondern Aufforderung
und Vorschrift. Nicht die Naturvorgänge sind verschwommen und un-
genau; ungenau und verschwommen sind nur unsere Gedanken hierüber.
v. LAUE: Ein Schluß von den Ungenauigkeitsbeziehungen auf ein Ver-
sagen des Kausalbegriffes ist nicht zwingend. Diese setzen jeder corpus-
cularen Mechanik eine Grenze, nicht aber jeder physikalischen Erkenntnis.
SCHRÖDINGER: Die Begriffe „Ort‘“ und „Bahn“ sind überspannt, wenn
man sie für kleinste Dimensionen anwendet. VoOLKMANN (Kant-Festschrift
1924) betont, daß Ablehnung und Anerkennung der Kausalität von jeher
gewechselt haben und daß neue Formen von Kausalität an die Gewinnung
neuer Naturkonstanten geknüpft sind®. (S, auch Gr. HERMANN, Natur-
wiss. 1985, 718.)
Die Biologie hat sich in ihren Kausalitätsbetrachtungen nie
irremachen lassen. Denn wenn auch „die Lebenserscheinungen
nicht restlos physikalisch-chemisch begriffen werden können‘, so
ist damit doch „das Walten einer zwingenden Kausalität im Be-
reich des Lebens nicht in Abrede gestellt“ (H.H. MEYER), nur
daß gerade im Organismischen eine fast „unnatürlich‘“ erscheinende
Verzargung und „Verfilzung ineinander verwebter Kausalfäden‘‘
herrscht (0. KOEHLER u. a.)
Für die Annahme eines bloßen Zufalls im Sinne einer fehlenden
Bedingtheit von Naturvorgängen fehlt jede Beobachtungsgrund-
lage — auch die Biokatalysatoren machen keine Seitensprünge;
und es kann sich nur darum handeln, ältere Vorstellungen einer
mechanistischen „Punktkausalität‘ (Zurückführung aller Er-
scheinungen auf „Bewegungen“ als das den Erscheinungen „Zu-