Full text: Über katalytische Verursachung im biologischen Geschehen

56 Beziehungen der Biokatalyse zur Ganzheit, 
Ganzheit im allgemeinen und im besonderen Sinne; Beziehung 
zu Kausalität und Zweck; Ganzheitszüge in der Katalyse. 
Bei der kritisch-empirischen Säuberung des wissenschaftlichen 
Zweckbegriffes von allem Transzendenten ist als Nebenertrag eine 
ausgedehnte Beschäftigung mit dem — auch für die Katalyse — 
wichtigen Begriff des Ganzen und der Ganzheit angefallen %°0. Unter 
Ganzheit im einfachen oder allgemeinen Sinne — der bloßen Häu- 
fung oder Akkumulation gegenüberstehend — kann man ver- 
stehen Zusammenhänge oder Beziehungen nicht- (oder nicht nur) 
teleokausaler Art, insbesondere im Gleichzeitigen und Neben- 
einander, derart beschaffen, daß die Summenhaftigkeit über- 
schritten wird. „Das Ganze ist mehr oder anders als die Summe 
seiner Teile‘ (A. MEYER). Immer ist die „Ganzheit‘ begrifflich 
schwerer zugänglich als die Kausalitätskategorie, weil in ‚,Kor- 
relationen‘‘, die schließlich das Wesen der Ganzheit ausmachen, 
die Feststellung von Regelhaftigkeiten auf besonders große Hinder- 
nisse stößt und in bezug auf Ganzheit nicht leicht experimentiert 
werden kann. (DrIiEscH rechnet daher das Wort „ganz“ zu den 
im Grunde undefinierbaren Worten mit „Urbedeutung‘‘; nach 
FECHNER haben alle Ganzheitsaussagen nur den Wert von Gleich- 
nissen.) % 
In eindringlicher Form tritt die Ganzheit auf in den Querverbindungen 
des zeiträumlichen Geschehens, d.h. in der Tatsache, daß gleichzeitig an 
verschiedenen Orten vorhanden ist oder geschieht, was, ohne voneinander 
unmittelbar und sichtlich „abhängig‘‘ zu sein, doch Zeichen einer Ordnung 
trägt, die „rechenmäßig‘‘ über das Summenmäßige oder über ein stati- 
stisches „‚Zufallsresultat‘‘ hinausgeht. Dabei kommen als Ganzheiten in 
Betracht: homogene und heterogene (mehrphasige Gebilde), gleichartige 
und ungleichartige, niedere und höhere, gleichbleibend beharrende und 
veränderliche, stoffliche und funktionelle (Reaktionskomplexe), reale und 
formal-begriffliche (z. B. Ganzheitskausalität, Ganzheitszweck); stationäre 
Zustände (Flamme, Wolke, Wasserfall); Artefakte (Maschinen, Bauwerke, 
Kunstwerke); Organismen, Lebensgemeinschaften als ökologische und 
ideelle Ganzheiten (z. B. Rasse, Volk, Kultur, Menschheit). Eine wichtige 
Gruppe der Ganzheiten sind die „physischen Gestalten‘ (W. KÖHLER), 
z. B. Atom, Molekel, Krystall; Stein, Berg usw., schließlich Erde, Sonnen- 
system. Milchstraßensystem, Universum als „Makrokosmos‘‘. ‚Die sich 
durchkreuzenden und verwebenden Billionen und aber Billionen von Wir- 
kungsquanten ergeben „einen Kosmos von geradezu unwahrscheinlich an- 
mutender Symmetrie, Ordnung und Regelmäßigkeit‘‘ (Tırıvs). Außer 
„Sachganzheiten‘‘ gibt es bloße Reihen-, Wort-, Beziehungs-, Bedeutungs-, 
reine Begriffs- und andere Denk- und Sprech-Ganzheiten, Nicht auf 
ohysikalisch-chemische Vorgänge (auch nicht auf „Ladungsstruktur an-
	        
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