Full text: Erlebtes und Erstrebtes

  
  
  
  
   
Kriegsminifter, Generalleutnant von Falkenhayn, erkannte die Not. Auch 
die Notwendigkeit, die fehlende wirtſchaftlihe Mobilmachung nachzuholen, 
erkannte er ſofort, als er von Männern des praktiſchen Erwerbslebens dar- 
auf hingewieſen wurde. Und mit anerkennenswerter Energie und raſchem 
Entſchluß ging er ans Werk. Aber was Jahre und Jahrzehnte hindurd) 
verſäumt war, ließ ſi< niht in Tagen und Wochen nachholen. 
In der damaligen Erkenntnis, daß ein Erſtarren der Entſchlüſſe im 
Stellungsfrieg für Deutfchland verderblich fein würde, verfuchte der — aud) 
zum Chef des Generalſtabes des Feldheeres ernannte — General von Falfen- 
hayn, die zuerſt verwendbar ſcheinenden Kriegsfreiwilligen-Verbände an der 
Der einzufeßen, um die Weſtfront wieder in Bewegung zu bringen. Trot 
des über alles Lob erhabenen Opfermuts und troß glänzender Tapferkeit 
fonnten die unvollkommen ausgebildeten, von opferwilligen, aber teilweiſe 
überalterten Offizieren geführten jungen Männer dieſe \<were Aufgabe nicht 
löſen. Ihr Sterben blieb vergeblih: au < ihr Tod fommtaufdie 
Seele derer, die ſih einer vollen Anſpannung der 
Volkskraft widerſeßten. 
Der Wehrverein ſah alles das, was er im Frieden befürchtet hatte, 
dur die Gewalt der Tatſachen in furhtbarer Weiſe beſtätigt. Dieſe Er- 
fenntnis Fonnte nur eine tieffchmerzliche Befriedigung auslöſen, denn auh 
er vermochte die von ihm vorausgefehenen Folgen niht zu ändern. 
Einer großen öffentlihen Verſammlung des Wehrvereins in Danzig 
am 5. März 1914 wohnte auh der General v. Prittmwiß bei, der im 
Kriegsfalle zum Oberkommandierenden der Armee gegen Rußland beſtimmt 
war. Nach meiner Rede gab der General mir gegenüber der Meinung 
Ausdru>, daß die Ruſſengefahr überſhäßt werde, da erfahrungs- 
gemäß die ruſſiſhe Mobilmachung langſam vor fi gehe und die im Dften 
verfügbaren deutſchen Streitkräfte vollkommen genügten, um einen ruſſiſchen 
Einfall abzuwehren. Jh war etwas erſtaunt über dieſe Auffaſſung, da zu- 
verläſſige Nachrichten vorlagen, daß in Rußland unter der Maske der 
Probemobilmahung uſw. bereits Truppenverſchiebungen na< dem Weſten 
ftottfanden. Das bezog fih namentlich auf die ſibiriſhen Armeekorps, die 
fi) tatfächlich bereits im Februar 1914 in Bewegung ſeßten. Dieſe „Be- 
wegungen’‘ wurden fortgeſeßt, und verſchiedene deutſche Offiziere ſowie Kauf- 
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