ih am Nachmittag bei einer Autofahrt an die Front füdlih Gent. Man
ſah dort die belgiſ<hen Vorpoſten, und ih traute meinen Augen nicht, als
v. d. Gols den Pfarrer eines von uns beſeßten Dorfes in liebenswürdigſter
Weiſe anſprach und ſi< ſogar mit ihm über die beiderſeitigen Stellungen
unterhielt. Auf Drängen eines der Adjutanten machte ih der Unterhaltung
ein Ende, und als ih die Anſicht ausſprach, daß dieſer Pfarrer do< ohne
Zweifel mit ſeinen belgiſchen Landsleuten in der Front Beziehungen unter-
halte, ſowie ihnen Auskunft über unſere Stellungen gebe, meinte v. d. Golt,
der Pfarrer ſei ein „braver‘“ Mann, den er kenne, und der ſolches Miß-
trauen nicht verdiene. Als i< mi< am Abend von dem Generalgouverneur
verabſchiedete, teilte er mir mit, in meinem Gaſthof ſei eine Wache unter-
gebracht, um die dort wohnenden Offiziere bei einem Aufſtande zu hüten.
Ein ſolcher ſchien ihm auch um deswillen nicht ausgefchloffen, weil in-
wifchen der Nüdihlag an der Marne befanntgeworden war und bei den
Belgiern neue Hoffnungen erwe>t hatte. Die Nacht verlief jedoh ohne
Störungen, und am nächſten Morgen erfuhr ih, daß eine Neueinteilung
Belgiens in militäriſher wie in Verwaltungsbeziehung eingetreten ſei. Sie
beſtand in der Errichtung von „Landſturm-Inſpektionen““ und „Bezirks-
Inſpektionen“. Erſteren lag vor allem der militäriſhe Schuß der Eiſen-
bahnen ſowie die Aufrehterhaltung von Ruhe und Ordnung im Lande ob,
leßteren die Ausübung von Verwaltungs- wie wirtſchaftliher Tätigkeit. Ich
war zum Landſturm-Inſpekteur Lüttich beſtimmt und begab mich ſofort dort-
hin, um die Stellung anzutreten, die mir vom Generalgouverneur als be-
ſonders wichtig bezeichnet wurde, da es ſi< hier in erſter Linie um den
Schuß der großen Eifenbahnlinien handelte, die von Aachen aus über Lüttich
und Namur nach der Front im Weſten führten.
An Lüttich eingetroffen, mußte i< mir meine Truppen erſt förmlich zu-
fammenfuchen, die bis dahin ohne einheitliche Leitung zuſammen mit Eiſen-
bahntruppen rein örtlich ihren Dienft verfehen hatten. Es waren im ganzen
13 Sandfturmbataillone und 1 Landfturmesfadron. Da dieſe Truppen unter
\<wierigen Verhältniſſen und mit größter Pflichttreue ihren meiſt ſehr an-
ferengenden Dienft mufterhaft verfehen haben und bis jekt keine Geſchichte
von der Tätigkeit der Beſazungsarmee in Belgien vorhanden iſt, halte ih
es auch für geihichtlihe Pflicht, jener Landſturmtruppen hier zu gedenken.
Es ſtanden zur Verfügung:
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