Full text: Erlebtes und Erstrebtes

EIER 
    
   
  
   
    
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
Dekan, Sie haben uns allen zu Herzen geſprochen, aber die Zurechtweiſung 
des Störenfriedes war wohl doch niht ganz riſtli<h.“ Mein Onkel er- 
widerte: „Gewiß nicht, aber Euere Majeſtät mögen gnädigſt eine Entſchuldi- 
gung darin finden, daß ich einer alten, immer etwas heißblütigen Soldaten- 
familie entftamme,” worauf der König freundlich ſagte: „Ja, das iſ etwas 
anderes, dann iſ die Erregung verzeihlih.“ Der Dekan war der Sohn 
eines Kapitäns Keim, der ſi< nicht allein im Gefecht bei Kreuznah am 
11. November 1796, wo er fchwer verwundet wurde, beſonders ausgezeichnet 
hatte, ſondern au< durch Erſtürmung der „Platte“! bei Wiesbaden am 
9. September 1796 an der Spike einer Heinen Schar gegenüber großer 
Übermadt fih einen Namen in der heſſiſhen Kriegsgeſhihte gemacht hatte. 
In Worms verlebte ih eine glü>lihe Zeit. Ich hatte mih am 
14. Dezember 1872 in Berlin mit Anna Kühn, Tochter des Stadtverord- 
neten und Rentners Kühn, vermählt, und der alte Onkel Dekan konnte am 
9. November des folgenden Jahres den erſten Sohn taufen. 
Im Sommer 1875 zum Regimentsadjutanten ernannt, kam ich 
wieder nah Mainz, und Die Beförderung zum Adjutanten der 44. Ju- 
fanterie-Brigade brachte zwei Jahre ſpäter als neue Garniſon Kaſſel. Es 
war der Sit des Generalfommandos XI. Armeekorps, an deſſen Spite 
der General v. Boſe ſtand, einer der verdienſtvollſten ‚paladine” Kaifer 
Wilhelm I. Sein ſelbſtändiges, zielbewußtes Eingreifen in der Schlacht 
bei Wörth ſicherte den Sieg, und als er nah gewonnener Schlacht \{<hwer 
verwundet, geſtüßt auf zwei Musketiere, das Kampffeld verließ, nahmen 
die Mannſchaften die Helme ab als ehrenden Gruß für ihren Führer! Ich 
hatte ihm ſeiner Zeit inſofern einen „perſönlichen“ Dienſt geleiſtet, als ih 
beim Nachhauſereiten von einer Beſichtigung auf dem großen Sande bei 
Mainz eine Ordens\chnalle auf dem Boden liegend entde>te, die General 
v. Boſe verloren hatte, und die für ihn beſonderen Wert beſaß. Als ich) 
dur Parolebefehl den Sachverhalt erfuhr, überſandte ich die Ordensſchnalle 
und der General hat mir dieſen kleinen Dienſt nie vergeſſen. 
Zum IX. Korps gehörten damals drei Diviſionen, deren eine der 
Prinz Ludwig von Heſſen befehligte, die andere der Herzog Wilhelm von 
Med>lenburg. Die Generale der „alten Schule“, zu der v. Boſe gehörte, 
fannten nur Aufgehen im „Königlichen Dienſt“, aber ſie kannten auch 
   
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