und Meiningen. Der Großherzog von Sachſen-Weimar-Eiſenach (es wurde
von ihm übel vermerkt, wenn man in Schreiben an ihn „Eiſenach“ weg-
ließ) war in ſeiner Art ein Original, aber doh ein pflichttreuer Fürſt und
ein vollendeter „‚grand Seigneur” — ein Wort, das num einmal nicht gut
zu verdeutſchen iſt. Es gingen viele anekdotenhafte Ausſprüche des
hohen Herrn um, der ſtolz auf ſeine Abſtammung von den alten Landgrafen
von Heſſen-Thüringen war. Bei ſolchen Gelegenheiten betonte er gern,
daß beim Erſcheinen der Hohenzollern in der Geſchichte ſeine Vorfahren
ſhon mächtige Reichsfürſten geweſen ſeien. Er war aber auch ſtolz auf
die große Zeit Weimars, und pflegte Künſte und Wiſſenſchaften eifrig.
Damals wohnte Liſzt in Weimar und ſpielte bei Hoffonzerten auf dem
Klavier. Die Verherrlichung des „Meiſters“ ſchien allerdings etwas weit
zu gehen, wenn z. DB. bei einem Hofkonzert zur Feier der 25jährigen Re-
gierung des Großherzogs — Generale und Adjutanten waren hierzu gus
Kaſſel zur Beglückwünſhung herübergekommen — die Großherzogin die
Begrüßung des kommandierenden Generals auf ihrem Plate entgegen-
nahm, als aber Liſzt den Saal betrat, ihm mit den Worten: „Bon ſoir,
mon cher Abbé!“’ entgegenging.
Am Meininger Hof ſtand das Theater im Vordergrund des Juter-
eſſes, das dort unter dem feingebildeten Herzog Georg einen großen Auf-
ſ<wung nahm, und die „Meininger“ machten bald in ganz Deutſchland
Schule. Die Hof-Verhältniſſe in Meiningen waren aber etwas \{<wierig,
inſofern als ſi< der regierende Herzog dur die morganatiſhe Ehe mit
der Schauſpielerin Ellen Franz (Freifrau von Heldburg) mit dem „Alten
Hof" — der Vater von Herzog Georg hatte 1866 abgedankt — überworfen
hatte. Das Zerwürfnis dehnte fi aud auf die Devölferung Meiningens
aus, die, in zwei Lager geſchieden, ſelbſt den gegenſeitigen Gruß auf der
Straße vermieden. Das Büro der Brigade barg einen di>en Band
mit der Bezeichnung ‚„Meininger Konfliftsaften”. Die Offiziere durften
nur bei dem „jungen Hofe“ verkehren; i< machte eine Ausnahme, weil ich
es mir niht nehmen ließ, da die Herzogin eine heſſiſhe Prinzeſſin war,
auch den alten Herrſchaften meine Aufwartung zu machen.
Der Erbprinz hatte ſi< 1878 mit der Prinzeſſin Charlotte von
Preußen vermählt, und zum Einzug des jungen Paares in Meiningen
war auch die Kaſſeler Generalität eingeladen. Auf dem Hofballe ließ
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