Full text: Rohstoff-Fragen der deutschen Volksernährung

, 
HRERNHERHEIE 
ZUUDUUMEN 
  
  
  
  
  
  
174 Rohstoff ‚Eiweiß‘ und ‚Fett“. 
Am Schlusse dieser Ausführungen wird zu erwägen sein, welche zweckmäßige 
Verwendung die Hefe in der menschlichen Kost erfahren kann, sei es als Zugabe 
zu Suppen, Tunken, Ragouts, Klößen, Kartoffelspeisen, Gemüsen, Keks, Ge- 
bäcken u.a. 
b) Heilpräparate aus Hefen. 
Man hat es hier in den meisten Fällen nicht mit einer ausgesprochenen 
Medizin zu tun wie bei Arzneipflanzen, sondern mehr mit einem in gewissem 
Sinne ‚‚diätetischen‘‘ Mittel zur Regelung des allgemeinen und speziellen Stoff- 
wechsels. Schon im Altertum spielte die Hefe als Heilmittel eine gewisse Rolle, 
aber erst die Erkenntnis der letzten Jahrzehnte konnten den wissenschaftlichen 
Boden für eine zielsichere Therapie schaffen. Wenn wir von der Auffindung 
und Isolierung einiger physiologisch bedeutsamer Zellstoffe absehen, so hätte 
bis vor kurzem ein berechtigter Zweifel auftauchen können über die angeblich 
vielseitige Wirkung eines reinen typischen Gärungsorganismus auf höhere 
„nichtgärende‘“ Lebewesen. Heute wissen wir nun, daß die Gärung 
in naher Beziehung zur Atmung steht und ihre Stoffwechselprodukte von 
den Atmungsenzymen direkt benötigt werden. Es gibt also keine Atmung 
ohne vorhergegangene Gärung. Zucker kann demnach nicht direkt veratmet, 
sondern muß erst durch Gärenzyme zur Atmung vorbereitet werden. Wir 
sehen hieraus, daß ein Zufügen von Gärenzymen dem höheren Organismus, 
wenn sein Energiestoffwechsel gestört ist, unter Umständen nur von Nutzen 
sein kann, und es wird viele Fälle geben, in denen die Hefe direkt die fehlenden 
Zellreagenzien dem Körper zuführt, entweder als gebrauchsfertige Agenzien 
oder als Bausteine zur Synthese körpereigener Stoffe. 
Bei der Atmung betätigt sich auch das Vitamin B, und zwar die Komponente 
„B“ als sog. ‚‚Zwischenkatalysator‘‘, der Beihilfe leistet bei der Zerlegung der 
Substrate in Spaltstücke, die vom eigentlichen Atmungsenzym, dem Ferment- 
hämin, oxydiert werden. Schon vor längerer Zeit hatte man beobachtet, daß 
sich bei Mangel an Vitamin B eine Herabsetzung der Oxydations- oder Ver- 
brennungsvorgänge bemerkbar machte. Der Stoffumsatz und die Körper- 
temperatur sanken, der Sauerstoffverbrauch und die Kohlensäurebildung 
wurden geringer. Schließlich kamen auch abnorme Zuckerspaltprodukte zur 
Ausscheidung. Fügte man jetzt Vitamin B der Kost bei, so verschwand die 
Stoffwechselstörung, d. h. das Vitamin regelte nun wieder die normale Zucker- 
oxydation. 
Trockenhefe und ebenso Hefeextrakt sind reich an Vitamin B, das bekannt- 
lich in erster Linie gegen Beriberi bzw. Polyneuritis (Nervenentzündung) in der 
Therapie große Bedeutung hat. In tropischen Ländern finden beide Präparate 
ausgedehnte Verwendung. Daneben wirkt die Hefe, wie bereits erwähnt, 
gleichzeitig infolge ihres Gehaltes an anderen Faktoren belebend auf den all- 
gemeinen Stoffwechsel. Während man Vitamin B in Form von Hefe oder 
Extrakt dem Patienten darreicht, wird das Ergosterin, die Muttersubstanz des 
Vitamin D, in rein chemischer Form der Hefe entzogen und nach der Bestrah- 
lung verwendet. In genau dosierter Gabe spielt es neben Lebertran in der 
Kinderheilkunde bei Rachitis eine ausschlaggebende Rolle. 
Von Hormonen oder hormonartigen Stoffen ist in der Hefe Insulin oder 
ein ähnliches Zellreagens nachgewiesen worden. Nach Bickel, Nigmann und 
Hofmann steigert die Hefe analog dem Insulin die Oxydation des Zuckers 
und führt zu einer Anreicherung des Glykogens in der Leber, während 
die Abscheidung der Glukose durch den Harn unterbleibt. In welcher 
Weise nun das ‚‚Hefeinsulin‘“ wirkt, ob als Aktivator oder Koenzym 
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