286 Pflanzliche Rohstoffprobleme.
Legt man die Kartoffelmengen insgesamt zugrunde, die der menschlichen Ernäh-
rung als Speisekartoffeln unmittelbar, als Wirtschaftskartoffeln dagegen mittelbar
über die Veredelung im Stärke- und Trocknungsgewerbe und im Tiermagen zu-
geführt werden, so deckt die Kartoffelernte rund 30 % unseres gesamten Nahrungs-
bedarfes.
Bei der Vielgestaltigkeit des Kartoffelmarktes sind die in Durchführung der
Marktordnung und des Vierjahresplanes getroffenen Maßnahmen nur unter Be-
rücksichtigung der gesamten Kartoffelwirtschaft zu verstehen. Die Notwendigkeit
der einzelnen Maßnahmen ergibt sich aus der verschiedenen Verwertungsmöglich-
keit der Ernte, zumal Verschiebungen in dem Bedarf eines Verwertungszweiges
naturgemäß zu Verschiebungen in der Bedarfsdeckung aller übrigen Verwertungs-
zweige führen. Deshalb steht an vordringlichster Stelle die Sicherung des gesamten
Marktausgleichs und damit die Förderung der Bedarfsdeckung der einzelnen Ver-
wertungszweige.
Die Sicherung des Marktausgleichs umfaßt sowohl den räumlichen als auch den
zeitlichen Ausgleich. Von diesen Zusammenhängen ausgehend hat die Haupt-
vereinigung der deutschen Kartoffelwirtschaft im Herbst 1936 eine für Speise- und
Futterkartoffeln einheitlich geltende Gebietseinteilung unter Berücksichtigung des
Über- bzw. Zuschußbedarfs der einzelnen Gebiete durchgeführt. Dabei wurden die
Speisekartoffelpreise als Erzeugerfestpreise, die Futterkartoffelpreise als Erzeuger-
mindest- und Höchstpreise frachtfrei Empfangsstation gestaffelt und die in den
Erzeugungs- und Bedarfsverhältnissen begründete Abflußstromrichtung von Ost
nach West gefördert. Unter Berücksichtigung der besonderen Eigenart des Pflanz-
kartoffelverkehrs wurden die Pflanzkartoffelpreise ebenfalls gebietlich gestaffelt,
während für Fabrikkartoffeln ein für das gesamte Reichsgebiet einheitlich geltender
Festpreis festgelegt wurde. Diese allgemeinen Grundsätze, die im wesentlichen der
Sicherung des räumlichen Marktausgleichs dienen, wurden mit der Verordnung
des Reichskommissars für die Preisbildung über Erzeugerpreise für Kartoffeln
vom 25. März 1937 auch in die Vierjahresplanbestimmungen übernommen und
haben bei der frühzeitigen Bekanntgabe dieser Verordnung, die noch vor dem Aus-
pflanzen der Kartoffeln erfolgte, maßgebend mit dazu beigetragen, die vorjährige
Ernte zu erzielen.
Um auch dem Grundsatz der Sicherung des zeitlichen Marktausgleichs gerecht
zu werden, hat die Verordnung auch monatliche bzw. einmalige Preiszuschläge vor-
gesehen, die für Speise- und Fabrikkartoffeln unter Berücksichtigung der Dring-
lichkeit der Deckung der einzelnen Bedarfszweige in verschiedener Höhe in Anrech-
nung gebracht werden dürfen. Durch die Gewährung dieser Zuschläge wird der
zeitliche Ausgleich zwischen Bedarf und Deckung gefördert, zumal nun Verteiler
(Händler und Genossenschaften) und Verbraucher bemüht sind, ihren Bedarf noch
möglichst vor Inkrafttreten der Preiszuschläge zu decken, und so die erwünschte
Lager- und Vorratshaltung in verstärktem Maße betrieben, während der Erzeuger
(Bauer und Landwirt) dagegen eine angemessene Entschädigung für Schwund und
Lagerungskosten erhält, so daß auch er bei pfleglicher Behandlung der Bestände
für eine ausreichende Vorratsbildung (Einlagerung, Einmietung) sorgt. Durch die
Preisfestsetzungen für die Erzeugnisse des Kartoffelstärke- und -trocknungsgewer-
bes ist ebenfalls eine über das ganze Wirtschaftsjahr sich erstreckende gleichmäßige
Bezugsmöglichkeit geschaffen worden. Damit ist auch auf diesem Gebiete der
räumliche und zeitliche Marktausgleich gesichert. Mit diesen Bestimmungen sind
die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Verwertung der im Rahmen der Er-
zeugungsschlacht gesteigerten Kartoffelerträge gegeben.
Im Laufe der letzten Jahre ist der Kartoffelbedarf auf allen Verwertungs-
gebieten gestiegen. Für die einzelnen Verwertungszweige liegt die zusätzliche Auf-
nahmefähigkeit selbstverständlich verschieden. So bewegt sich z. B. der Speise-
kartoffelbedarf auf einer mengenmäßigen Ebene, die nur allmählich — von Jahr
zu Jahr — erweitert werden kann. Daß eine Erweiterung möglich ist, beweist der
Erfolg der erst vor einigen Wochen eingesetzten Aufklärung der Verbraucher-
schichten über die Notwendigkeit der Steigerung des Speisekartoffelverzehrs bei
gleichzeitigem Ersatz des kalten Abendbrotes durch eine warme Kartoffelmahlzeit.
Trotz dieser Steigerungsmöglichkeiten kann aber immer nur ein verhältnismäßig
kleiner Teil unserer Gesamternte als Speisekartoffeln zur Befriedigung des Bedarfs
der städtischen Bevölkerung marktmäßig umgesetzt werden. Andererseits unter-
liegt auch der Pflanzgutbedarf der deutschen Landwirtschaft bei ziemlich gleich-
bleibender Kartoffelanbaufläche nur geringen Schwankungen. Aus diesem Grunde
ist es erklärlich, daß der Mehrertrag des Vorjahres im wesentlichen nur als Futter-