76 Rohstoff ‚Eiweiß‘ und ‚Fett‘.
quote der Zivilbevölkerung wurde im Gegenteil gekürzt. Viele Ernährungs-
schwierigkeiten wären damals vermieden worden, hätte man — nach anfäng-
licher Reduzierung der Viehbestände — mehr Gewicht auf Steigerung der Brot-
ration als auf Auffüllung der Viehbestände gelegt.
Um die vorhin festgestellte Mindererzeugung an Fleisch bezüglich Eiweiß
durch Brot auszugleichen, müßte der Brotverzehr je Kopf und Jahr um
rd. 30 kg, also um rd. 85 g je Kopf und Tag, gesteigert werden. Der Mehr-
verzehr an Kalorien würde dann rd. 6kg Fett je Kopf und Jahr entsprechen,
eine Menge, die wegen Minderung der Fetteinfuhr ohnedies nicht zur Verfügung
stehen würde. Der ganzen Lage nach wäre also gerade eine Steigerung des
Brotverzehrs sehr zweckmäßig. Diese Mehrerzeugung von Brot wäre aber auch
aus eigenen Mitteln möglich. _ Denn die hierzu nötige Roggenmenge wäre
rd. 1,7 Mill.t. Wir verfütterten jährlich über 2 Mill.t Roggen. Die Drosse-
lung der Fleischerzeugung würde diese Menge für die menschliche Ernährung
freisetzen. Eine Vermehrung der Roggenmehlproduktion ist außerdem durch
eine Erhöhung des Ausmahlgrades des Roggens erreichbar.
Es ist nun praktisch keineswegs leicht, die Volksernährung in so entschei-
dendem Sinne zu beeinflussen, weil die psychologischen Widerstände sehr groß
sind. Eine Änderung der Volksernährung ist um so leichter durchzuführen, je
weniger die gewohnte Kostform angetastet wird. Dies ist aber hier nicht der
Fall. Alle Bestrebungen, schon jetzt den Brotverbrauch zu erhöhen, sind daher
zu fördern.
Wegen der angedeuteten Schwierigkeiten wird es daher ratsam sein, auch
andere Möglichkeiten, die Minderung des Fleischverzehrs auszugleichen, aus-
zunutzen. Diese Möglichkeiten sind psychologisch besser tragbar, weil sie dar-
auf hinauslaufen, die gegenwärtige Kostform möglichst beizubehalten, jedoch
— bei verkleinerter Fleischportion — die üblichen Speisen anzureichern, und
zwar mit besonders eiweißreichen Mehlen, die aber die Speisen möglichst nicht
geschmacklich grundlegend verändern sollen. Solche Mehle können wir aus
dem Pflanzenreiche nur aus Hülsenfrüchten gewinnen. Weiter können wir aber
ohne Beanspruchung landwirtschaftlicher Fläche auch fabrikmäßig
Pflanzeneiweiß gewinnen, und zwar in Form von Trockenhefe. Schließlich
stehen uns noch Trockenmagermilchpulver aus der vorher erwähnten, so un-
rationell verfütterten Magermilch zur Verfügung. Obwohl die Magermilch aus
dem vegetabilen Rahmen herausfällt, bedingen doch die speziell deutschen Ver-
hältnisse, daß man ihre Trockenprodukte ähnlich wie eiweißreiche Hülsen-
fruchtmehle betrachten kann.
Es ist ja nun sehr verlockend, die 350000 Tonnen Magermilcheiweiß aus der
Fütterung herauszulösen und direkt zur menschlichen Ernährung zu verwenden.
Denn selbstverständlich würde man durch sie die in 600000 t Fleisch enthal-
tenen rd. 120000 t Nahrungseiweiß mehr als kompensieren können. So be-
ruhigend aber auch diese Reserve scheinen mag, so groß sind die Schwierig-
keiten, sie zu mobilisieren. Vor allem muß die Magermilch, um haltbar und ver-
sandfähig zu werden, getrocknet werden, was die Verdampfung von rd. 9 kg
Wasser bedingt, um 1 kg Pulver mit 330 g Eiweißgehalt zu gewinnen. Wenn
auch die Verteuerung des Produkts durch die Trocknung wehrpolitisch bedeu-
tungslos erscheinen mag, darf man doch nicht verkennen, daß die Verteilungs-
schwierigkeiten mit Verteuerung eines Erzeugnisses in sozialer Hinsicht
wachsen. Abgesehen davon aber ist die Veränderung des Geschmacks der
Speisen durch Magermilchpulver doch so bedeutend, daß der Kreis seiner Zu-
satzfähigkeit erheblich, und zwar vor allem auf Brot und Backwaren eingeengt
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