Full text: Rohstoff-Fragen der deutschen Volksernährung

Ernährungswirtschaft, Ernährungswissenschaft und Eiweißproblem. 79 
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en, Rohstoffe in reiner Form zur Verfügung stände, und wenn man ihn als eine 
aßt unkomplizierte Substanz in- und außerhalb des Körpers behandeln könnte. 
die Doch müssen wir in Rechnung setzen, daß dieser Nahrungsstoff in unseren 
rch Nahrungsmitteln enthalten ist, sowohl im Mehl wie im Ei, im Fleisch wie in 
en- der Kartoffel, in der Milch wie im Käse oder im Getreide, im Fisch wie im Blut. 
für Er stellt sich aber nie als ‚‚Einheitsrohstoff Eiweiß‘ dar, sondern in einer 
Jer- ungeheuren Formenmannigfaltigkeit, in vielfältigster Gestalt, in großer Wirk- 
samkeit auf den Organismus und in der verschiedensten Wertigkeit. 
nen Alle Untersuchungen und Denkschriften mit den verschiedenartigsten Be- = 
öhe rechnungen und Vorschlägen zur Beseitigung unserer Eiweißlücke im Vier- IE 
was jahresplan haben deshalb kaum Wert oder schaffen gar Unwert (denn sie A 
können den Bestrebungen zur Erzeugungssteigerung schaden und die Zahl der 3 
Lösungsmöglichkeiten verringern), wenn nicht stets bei der Gesamtfrage ‚Ei- 
weiß‘ die verschiedene Wertigkeit der Eiweißkörper zugrundegelegt wird. 
Als Aufbaustoff aller Organismen zeigen die Eiweißkörper dadurch große 
DB. Verschiedenheiten, daß die einen Eiweißarten in ihrer chemischen Zusammen- 
setzung vollständig, die anderen aber weniger vollständig und damit zur Er- 
Da 
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haltung des Lebensvorganges unzulänglich sind. Die biologisch unterwertigen = 
enthalten nicht alle notwendigen ‚‚Eiweißbausteine‘“ (daher ist z. B. das Leim- IE 
eiweiß im Knorpel und Knochen nicht imstande, unseren gesamten Eiweiß- Is 
der bedarf zu decken, ebenso sind fast alle Pflanzeneiweißarten unvoll- ® 
ständig und daher biologisch nicht vollwertig!). Am besten verwertet der 
bis Körper diejenigen Eiweißarten, die alle ‚Bausteine‘ enthalten, welche unser 
nn Körper zum Aufbau und Leben braucht, und die mit möglichst wenig unver- 
iß- wertbaren ‚„Bruchstücken‘ belastet sind. 
um Trotz der chemischen Verwandtschaft sind diese Stoffe also untereinander 
en. sehr verschieden, sei es in Bezug auf ihre biologische Wertigkeit, ihren 
eh: Nährwert, ihren volkswirtschaftlichen oder ihren tatsächlichen Geld- 
wert. Es muß somit als nicht eindeutig bezeichnet werden, wenn in Ver- 
gleichsstatistiken, Handels- und Erzeugungstatistiken von „Tonnen Eiweiß“ 
geredet wird, ohne daß man es seiner Art nach näher bezeichnet. 
Hülsenfruchteiweiß oder Getreideeiweiß (Kleie!) ist nicht gleich Milch-, 
en Eier-, Fleisch-, Bluteiweiß; und Kartoffel-, Soja- oder Hirseeiweiß als biolo- 
gisch vollwertiges Eiweiß sind höher zu bewerten als Maiseiweiß; Milcheiweiß 
hat einen vier- bis fünfmal höheren ernährungsphysiologischen Wert als Erbsen- 
en) und Bohneneiweiß! Kurz gesagt, Eiweiß ist nicht gleich Eiweiß, weder che- 
misch noch biologisch. Dadurch aber, daß unsere Statistiken schlechtweg von 
„Eiweiß‘ sprechen und tierisches und pflanzliches Eiweiß als gleichwertig zu- 
sammenstellen, entsteht in der Praxis der Ernährungswirtschaft eine Lücke, 
weil fast nie bedacht wird, daß das pflanzliche Eiweiß erst unter großen Ver- 
he lusten in vollwertiges Eiweiß umgewandelt werden muß. 
% Diese Erkenntnis sollte man beim Einsatz des pflanzlichen Eiweißes in die 
1.t Erzeugungszahlen unbedingt in Rechnung stellen. Getreideeiweiß, das z. B. in 
ber seiner Zusammensetzung unvollständig und damit auch biologisch unterwertig 
ist, wird nur mit 60% im menschlichen Körper ausgenutzt; das Eiweiß der 
len Hülsenfrüchte zum Teil (nach Rubner) sogar nur mit 25>—30%! Nur wenn 
in tierisches Eiweiß, welches die lebensnotwendigen Bausteine im Überschuß ent- 
or- i hält, vorhanden ist, wird unterwertiges Pflanzeneiweiß bis zur Vollständigkeit 
in ergänzt. So kommt es, daß z. B. das Milcheiweiß als ‚‚Schutznahrung‘“ pflanz- 
ni liches Eiweiß aufwertet. 
ller 
 
	        
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