Full text: Luftfahrten im Frieden und im Kriege

  
  
  
90 Im Sreiballon. 
  
  
ballon nicht durch die ihm geſtellte Aufgabe gezwungen iſt, tiefere 
Lagen aufzuſuchen, wenn er alſo etwa nur als Beförderungsmittel 
dienen ſoll, ſo wird er meiſt allen Nachſtellungen entgehen können. 
Er kann ja mit Leichtigkeit durch Ballaftabgabe fo hoch und fchnell 
ſteigen, daß kein Schuß und kein Luftfahrzeug ihn zu erreichen 
vermag. Von den 65 Ballonen, die aus dem belagerten Paris 
u. a, nicht weniger wie 10 675 Kilogramm Poſtſachen herausführten, 
ſind nur 5 von den Deutſchen aufgebracht worden. Die Ver- 
folgungzu®ßferde ijt bei einem Winde auch von nur wenigen 
Sekundenmetern ausſichtslos. Der längſte Galopp meines Lebens 
— der die Chauſſeen entlang führte, daß Kies und Funken ftoben 
und daß die friedliche Bevölkerung den Offizier für wahnſinnig 
oder den Krieg für ausgebrochen hielt — galt einer derartigen 
Verfolgung, war aber Privatunternehmen, aus Sportluſt geboren, 
und endete für mich und die andern Beteiligten niht nur mit 
lahmen und huſtenden Pferden, ſondern auch mit einem erheblichen 
„Anpfiff“ von vorgeſeßter Stelle. Heute hat man ja nun freilich 
beſſere Nittel. Von einer kriegsmäßigen Automobil- 
verfolgung von Freiballonen, die gemeinſchaftlih von Luft- 
ihiffervereinen und Militärs veranftaltet werden, lieſt man häufig 
genug. Obgleich man auf den Straßen große Umwege machen 
und in bewohnten Ortſchaften langſam fahren muß, bleibt der 
Kraftwagen dem Freiballon gut auf den Ferſen; die Geſchwindigkeit 
genügt. So wird auch im Felde, wenigſtens in den Fällen, wo 
das Abfangen eines Ballons als ſehr wichtig erſcheint, eine Ber- 
folgung nicht ganz ohne Ausficht auf Erfolg ſtattfinden. Aber 
da zeigt es ſich erſt, was ein geſchi>ter Ballonführer vermag. Große 
Forſten können ihm dazu verhelfen, indem er ſcheinbar in einer 
Waldlichtung landet, dann aber, während die Fnſaſſen des Autos 
mit gejhwungenem Degen und gezüdter Pijtole von der Straße 
her in das Gehölz ſtürmen, hart über den Bäumen, fo daß er außer 
Sicht iſt, dahinſtreicht und fchlieglich plöglich wieder in die Höhe 
ſchießt. Gelingt es ihm, ein großes Gewäſſer, das nicht in der Nähe 
überbrüdt iſt, zwiſchen ſih und die Berfolger zu bringen, ſo hat 
er gewonnen. Am bequemſten aber hat er es, wenn tiefhängende 
Wolken ihm geſtatten, ſih über ihnen zu empfehlen und dort, wo 
er nicht mehr geſehen werden kann, rechtsum zu machen. Wohin der 
Wind dort oben weht, kann der Erdenpilger nicht wiſſen. Er wird 
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