Eine Erktundungsfahrt im Raifermanöver. 143
ſeinen Eimer ausſchwenkt. Federmann fühlt, wie nun der „P. 3“ ſich
heben möchte, den Fäuften der Haltemannfchaften fich entwinden
will. „7 Srad Aufwärtsmeigung!“ Der Höhenfteuermann
tut wie befohlen, der Ventilator pumpt durch das Umjchaltventil
Luft in das hintere Ballonet, fo daß der nicht mit Luft beſchwerte,
nur mit Gas gefüllte Bug des Schiffes fich hebt. Der Führer
ſteht mit der Hand an der Kurbel des Mafchinentelegraphen da
und reißt fie jeßt herum, ſchrill ertönt das Läutewerk, und der Zeiger
fliegt auf: „Bropellerein£tuppeln! 800 Spuren!“
Die zweimal vier Flügel wirbeln los und peitſchen die Luft, wie
die Seejchiffsichraube das Waſſer, ein gewaltiges Brummen über-
tönt das Singen des Windes und, ehe man ſich's verſieht, iſt der
„P. 3“ ſchon hoch über der Erde, geht mit einer Steigung von 7 Grad
empor in die Lüfte, hat im nächſten Augenbli> 100 Meter erreicht
und entſchwebt nun dem Bereich der Halle. Deren Scheinwerfer
verfolgen ihn. Bald ſind auch ſie aber nur noch als matte Flede im
hinter uns liegenden Dunſt zu erkennen. Wir müffen uns „dran-
halten“. Es werden 900 Spuren befohlen, dann volle Rraft. Der
Geitenjteuermann foll die Bahnlinie entlang fahren, Rundherum
iſt nachtſchwarzes Dunkel, kein Stern zeigt ſich am Himmel, aber die
Geleiſe heben fich doch als ſchwacher Strich von der Umgebung ab,
auch gibt es hin und wieder längs der Stre>e Laternen, erleuchtete
Wärterhäuschen, kleine Bahnhöfe, ſo daß man ſeine Richtung
nicht verliert, auch wenn ſtellenweiſe der Bahnkörper ſelbſt nicht
mehr zu erkennen iſt.
Gegen 3 Uhr morgens haben wir, da der Gegenwind abflaut,
40, kurz vor Sonnenaufgang bereits 50 Kilometer in der Stunde
Fahrt. Die Tourenzahl des Motors kann auf 950 verringert werden;
man fommt auch jo rechtzeitig an und fpart Betriebsftoff, Benzin
und Ol. Die Nacht iſt keines Menſchen Freund. Jm Freiballon
it fie zwar fchön wie ein Märchen, da umfängt uns ihr ganzer
Zauber, im Luftſchiff aber macht fie die Leute, die da mit hoch-
geſchlagenem Kragen herumſtehen, wortkarg und unwirſch; jeder
ſehnt das belebende Tagesgeſtirn herbei. Aber man übt wenigſtens
im Stillen und verſucht ſein Auge am Dunkel zu ſchärfen. Auf
der Chauſſee neben dem Bahnſtrang hat, ſolange wir noch ſehr lang-
ſam vorwärtskamen, eine Art Doppelgänger ſein Weſen getrieben.
Ein Lichtſchein huſchte in gleichem Tempo mit uns mit: eine