192 Im Luftſchiff.
früher unſere Jugend ſo zur See trieb, daß immer wieder abenteuer-
luſtige Burſchen Schiffsjungen wurden, das findet ſie heute nicht
mehr auf den großen Seeſchiffen, wohl aber hier im Luftdienſt:
ein gut Stüd der ſonſt überall verloren gegangenen
Romantik. Und draußen in Reinickendorf bei Berlin im Luftſchiffer-
bataillon Nr. 2, deſſen Gelände neben dem Tegeler Schießplaß in die
Wälder der Jungfernheide eingebettet liegt, lebt es fich ſo ſchön,
wie in keiner andern Garniſon. Man ift völlig „auf dem:Lande“und doch
für einen Groſchen mit der Trambahn mitten in der Reichshauptſtadt.
So wie der auf Anregung des Großherzogs von Oldenburg
ins Leben getretene „Schulſchiffverein“ guten Nachwuchs an Schiffs-
jungen und Kadetten für die Handelsmarine ausbildet, ſo hat der
unter dem Borſiß des Großinduſtriellen Dr. Karl Lanz arbeitende
„Luftflottenverein“ in ſehr dankenswerter Weiſe die
Rekrutierung des Perſonals für die Navigation im Luftmeer über-
nommen. Eine vom Hauptmann Neumann in Berlin-Adlers-
hof (früher in Friedrichshafen) geleitete Schule bildet in trefflichen
Lehrgängen die jungen Leute heran.
Die Luftfabrerfhule unterſteht einem ſtaatlichen
Kuratorium und erhält auch laufende ſtaatlihe Unterſtützungen.
Zunge Leute, die einen Lehrgang zum Werkmeiſter oder Maſchinen-
techniker an einer mittleren techniſhen Fachſchule durchlaufen
und nachher in einer Fabrik gearbeitet haben, werden hier zu einem
1!/, jährigen Rurfus aufgenommen, von dem 5 Monate der pral-
tiihen Ausbildung in Flugzeug und Motorenbau, Luftſchiff-
Steuerung, Funkentelegraphie, aſtronomiſcher Orientierung, Rarten-
leſen uſw. und 10 Monate der Theorie gewidmet werden. Profeſſoren,
Offiziere, Oberingenieure dienen als Lehrer. Von den bisherigen
Schülern, denen man das Zeugnis ausſtellen muß, daß ſie für ihren
ſpäteren Beruf ſehr gründlich vorgebildet werden, ſind zwei bereits
als Steuerleuteauf$.-Schiffen tätig, andere ſind beim
Luftſchifferbataillon eingetreten oder haben Stellungen in der
Induftrie erhalten, auch im Stationsdienſt für Luftfahrzeuge.
Dieſe nationale Schöpfung des Luftflottenvereins verdient unein-
geſchränkte Anerkennung, die vor allem auch darin zum Ausdrud
£ommen follte, daß große Scharen guter Deutfcher dem Dereine
beitreten. Seine rund 20 000 Mitglieder, von denen als Mindeſt-
gabe nur der übliche Zahrestaler verlangt wird, müßten fich inner-