Hinüber nach Dänemark, 19:
nach Putbus. Meine Mitfahrer, ein Herr und eine Dame, meinen,
die Drehung werde noch weiter anhalten, es wäre auch zu nett,
wenn man wieder, wie das vorige Mal, über Mütterchens Haus
im Riejengebirge nad Hfterreich hinein flöge, Behaglich
erörtert man die Ausfichten. Wer da fagt, mit dem Sreiballon
ſei nichts los, da wiſſe man ja zunächſt nie, wohin es ginge, der
ahnt nicht, wie ſchön gerade die Ungewißheit iſt; oder würden wir
beim Pferderennen auch nur das leiſeſte Pri>eln empfinden, wenn
es vorher bekannt wäre, welche Gäule ſiegen? Alſo laſſen wir
uns treiben. DiesWelt iſt überall {ön. Mit nur 11 Kilometern
Stundengeſchwindigkeit gleiten wir dahin und koſten die leiſe
Farbenfymphonie am weftlihen Himmel aus, der fich dort mit der
violetten Erde vermählt. Ein giftgrüner {maler Streif zu>t am
Horizont empor. Einen Moment nur, in dem fatten Orange des
legten Tageslichtes. Das iſt das Zeichen, das jedem Zuftichiffer
befannte, für den Sonnenuntergang.
Der Barograph ti>t. Sonſt kein Laut. Man atmet kaum
und ſchaut traumverſunken hernieder auf die dunkelnde, \chließlich
ſamtſchwarze Erde. Da — da blitzt ein ſibernes Sternchen aus dem
Samt auf, ein zweites, ein drittes, da ein goldenes, da wieder
viele ſilberne, ein ganzer Sternhimmel auf Erden: wir gleiten an
das abendlih erleuchtete Deſſau heran. Weiter voraus ſtrahlt
eine neue Märchenwelt: Zerbſt. Und dazwifchen fehimmert matt
das breite Band der Elbe. Fn der Ferne zeigt fih der unbe-:
ſtimmte Schein von Magdeburg. Aus ſummen Wäldern blizen
die Lampen einſamer Bahnhöfe empor. Ein Güterzug kriecht
720 Meter unter uns über Land. Die winzige Raupe iſt fennt-
lih an den beiden glühenden Augen vorn und dem roten Licht
am Schwanz; Perſonenzüge ſind am ganzen Leibe hell. Nun friſcht
der Wind ein wenig auf, wir haben bereits 20 Kilometer Fahrt,
wie wir durch Vergleichen der Zeit und Nachmeſſen der Entfernung
zwiſchen überflogenen Orten feſtſtellen. Es geht von Magdeburg
rechts ab nah Nordoſt. Und gleichzeitig wird aus dem ſchwarzen
Samt unter uns ein wunderſames ſilbriges Grau: der Mond iſt auf-
gegangen, ſcheint zwiſchen Wolken hindurch und übergießt das Land
unter uns mit kalter Klarheit, das Land vor uns mit zarten Schleiern.
Wir kommen über eine Bahnlinie, die von Oft nach Weſt
führt, wir ſehen einen Schnellzug dahingleiten, es ift gerade 5 Minuten
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