REN
35
Zwei Tage über und in Ungarn.
Nur Khartum im Sudan hält allenfalls mit dieſer LTrofſtloſigkeit
Schritt, ſogar elende Wolgadörfer haben mehr Charakter. Selbſt
mächtige Fleden von ſchäßungsweiſe 2—3000 Einwohnern haben
hier in der ungariſchen Ebene nicht eine einzige gepflaſterte Straße,
fondern überall fnöcheltiefen Schmuß. Niemals — ſicherlich nicht
im Borbeiraſen mit der Eiſenbahn — wird einem der verſchiedene
Kulturzuſtand der Länder fo klar, wie aus der BVogelſchau; man
lernt auch kulturgeographiſh an einem einzigen ſolchen Tage mehr,
wie in den ſieben Jahren von Quarta bis Oberprima.
Wie mag es erſt auf der Balkanhalbinſel ausſehen? Einen
von uns verläßt die Luſt zu weiteren Entde>ungen, er drängt am
Nachmittag zur Entſcheidung über die Landung. Die andern geben
nach. Wir wollen landen, aber nicht gleich hier in Südungarn,
ſondern wenigſtens in Belgrad, gleich hinter der Grenze.
Schade, daß es nun bald heißen muß: „Die Erde hat mich
wieder!“ Wir werden es mit andern Gefühlen ſagen, als Fauſt
am Oſterſonntag. Still pa>en wir unſere Sachen, waſchen uns
und legen reine Kragen an, verſtauen die unausgetrunkenen Flaſchen
Selterwaſſer und machen uns ans Werk, den Ballaſt — wir haben
noch 32 Sad — los zu werden, damit die jchweren Säde bei der
Landung uns nicht in den Rüden fallen. Ballaftwurf — Hinauf!
Dentilzug — Herunter! Ballaftwurf — Hinauf! Ventilzug —
Herunter! So geht es eine Weile mit Gas- und Ballajtverfchwen-
dung, und dem ALuftbefahrenen blutet das Herz, wie dem alten
Pferdefreund, wenn er einen ſchlechten Reiter ſieht, der abwech-
ſelnd dem Gaul die Sporen gibt und ihn ins Maul reißt.
Unluſtig wird die Orientierung vorgenommen. Unſere ge-
nauen Generalſtabskarten reichen nicht bis hierher, wir haben
nur noch eine große Überſichtskarte, die allenfalls das Erkennen
großer Städte, Flußläufe, zweigleiſiger Bahnen möglih macht.
Bitte mehr öſtlich! ſagt der Beobachter. Schön, der Führer folgt.
Nein, doch etwas mehr ſüdlih! Gut, wird gemacht. Da, das muß
Neufaß ſein und Peterwardein, jeßt müſſen wir linksum. „Unſinn,
dann müßten wir drüben jchon die [jerbifhen Berge ſehen !“
Aber einerlei. Zebt gehen wir herunter. Fm erſten anſtändigen
Dorf wird gelandet. Fch habe es ſatt, meine Herren.
Unter den vielen elenden Ortſchaften unter uns fällt uns eine
ſehr gepflegte auf, rechts von einem Fluß, der Maros. Da wollen