Full text: Luftfahrten im Frieden und im Kriege

  
  
  
56 Jm Freiballon. 
  
  
wir hin. In nur noch 200 Meter Höhe fegen wir dahin. Den einen 
der Witfahrer, der Landwirtſchaftseleve iſt, bitte ih, mir ein Feld zu 
bezeichnen, auf dem man am wenigſten Flurſchaden mache. „Dort 
hinten das ſ<hwarze, da ſtehen nur vorjährige Maisſtoppeln !“ 
Gut. Dentilzug. Schlepptau herunter. Es faßt. Ballaſtwurf. 
Aoch ein Ventilzug. Wir fliegen wenige Meter über der Erde. 
Aufreißen. Bums, da ſind wir im weichen A>er. Entſeelt ſinkt 
die Hülle vor uns zuſammen. 
Wir ſteigen aus. Von allen Seiten kommen Leute heran- 
geſtürmt, halbwilde Geſtalten in Lammfellmüßen und mit breiten 
Silberknöpfen an der Weſte umringen uns, fremde Sprachen, 
gleich drei, vier verſchiedene, ſchnattern, und wir ſtehen an unferem 
umgeſtürzten Korbe wie am Turm zu Babel. Schreien und Geſti- 
fulieren; die Hölle ift los. Aus der ewigen Ruhe find wir wieder 
in das Zammertal herniedergeftiegen. 
Wir hatten uniſono ſofort nah der Landung unſere Sigarren- 
etuis gezü>t und ſogen in langen Zügen an dem geliebten Rauch- 
fraut, das wir im Ballon natürlich nicht hatten anzünden dürfen. 
Zwar hatte unſer Jüngſter und Längſter mittags kläglich geſtöhnt: 
„Wir roochert ſo !“, aber er hatte trogdem faſten müſſen; denn 
ſonſt wäre eben der Ballon nebſt Fnſaſſen als glänzendes Feuerwerk 
in beſchleunigter Gangart zur Erde gekommen. Gerade waren 
unſere Zigarren ins Glimmen gekommen, gerade hatte ih noch 
rufen können: „Zwei Herren bleiben am Korbe und 
unjerem Privatgepäd und rübren fib nidt, 
dDerdritte und ih zur Hülle!“, da tofte auch fchon die 
babyloniſche Sprachverwirrung, die ich erwähnt, um uns ber, 
und wir waren von einer von Sekunde zu Sekunde wachſenden 
Menge eingeleilt, die uns madjarifb, ferbifh, rumü 
nisch anfchrie, — eine wundervolle k. und k. Phonetik, die uns 
im Au klar machte, was es heißen muß, bier zu re- 
gieren. Dann miſchten ſi<h zum Schluß auch bedächtige 
deutſche Laute hinein, die von weniger aufgeregten Leuten 
kamen, anſcheinend Honoratioren der Gegend. Tſchechen, 
Slavonier, Bulgaren, Bigeuner und Frans 
zoſen — dieſe aus Lothringen ſchon unter Maria Thereſia ein- 
gewandert und ſeitdem wiederholt durch Nachfchub ergänzt — 
und ſicherlih noch ein paar andere intereſſante Völker hatten auch
	        
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