Full text: Luftfahrten im Frieden und im Kriege

  
  
  
70 Im Freiballon. 
  
  
denn rechts voraus iſt {on Amſterdam zu entde>en, und ge- 
rade vor uns erſtre>t ſich unabſehbar weit, mit 64 mal 64 und noch 
viel mehr Feldern, das große holländiſhe Schachbrett, das von 
Waſſerläufen liniert wird. Beſonders die Haarlemer Polder, 
an die wir heranfliegen, bieten von oben. ein Bild, wie man es 
ſonſt nirgends in Europa findet. Jedes grüne Feld iſt eine kleine 
Feſtung für ſih zwiſhen Wall und Graben, nämlich auf allen 
vier Seiten umfloſſen von Kanälen, die man nur auf ſtattlichen 
Brücken paſſieren kann, und die Kanäle find von ſtarken Dämmen 
eingefaßt. Fnnerhalb der Dämme weidet Vieh, prächtige bunte 
Kühe, die für uns allerdings nur als winzige Farbentupfen von 
einem Pointilliften dahingefeßt erfcheinen. Auf den Ranälen aber 
Ihwimmen Fahrzeuge — hoch über der Herde nebenbei. Was 
es. heißt, daß ein Land „unter dem Meeresspiegel“ 
liegt, wird man da unten ja wohl noch viel beſſer erkennen können, 
aber auch aus dem Freiballon kann man es abſchäßen. Unwill- 
fürlich jchweift der Blid, der von unſerer hohen Warte aus ganze 
Provinzen umfaßt, umher, und man denkt ſich irgend eine Kriegs- 
lage mit einer hier einmarſchierenden Armee. Sie 
fann, indem man die Dämme durchſticht, einfa<h ab ſ<nitt s- 
weife erjäuft werden. 
„Herrſchaften, jeßt kommt der Ernſt des Lebens!“ Nun muß, 
wenn wir Scheveningen erreichen wollen, die Kreuzfahrt beginnen. 
Ventilzüge bringen uns von 1700 auf 200 Meter hinunter, wo 
rechtzeitig der Abſtieg gebremſt wird. Die DBprausfeßung bei der 
Anlage der Manöver hat ſich als richtig erwieſen: der Ballon macht 
auf dem Fled linfsum und fchwimmt nah Südfüdwejt. Wir ftreichen 
niedrig über das Land dahin, die Kühe blöken, hin und wieder 
fommt auch ein unverſtändlicher Zuruf aus Menfchenmunde, Auch 
meine Mitfahrer find unferer Sache jeßt ſicher. Wir opfern einige 
Sa> Ballaſt und ſteigen von 200 auf 1800 Meter, wo unſer alter 
Wind uns freudig begrüßt und auch in alter Richtung entführt, 
nur jeßt eine ganze Ee ſüdlicher von der bisherigen Fahrtlinie, alſo 
zu ihr parallel, Ein langer Blid durch das Fernglas voraus zeigt, 
daß die Windmühlen unten überall Front nah Südfüdweit ein- 
nehmen. Alſo auch der nächſte Fall wird unſere Richtung wieder 
ändern. Ein paar energiſche Ventilzüge und allmähliches Bremſen: 
jeßt fliegen wir in 180 Meter Höhe dahin und haben erneut lints- 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
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