100 Falck, die klinisch wichtigen Intoxicationen.
eingeht, so schafft man ebenfalls den Patienten so bald, wie möglich in
ein gut durchwärmtes Bett, während man Wärmflaschen zulegt und warme
erquickende, oder andere dem Zustand des Patienten entsprechende Mit-
tel darreicht. Ist der Patient so weit gekommen, dass er ohne Schaden
über sein Befinden Auskunft ertheilen kann, so schreitet man zu der Sorg-
fältigsten Untersuchung des objectiven und subjectiven Verhaltens dessel-
ben und behandelt denselben seinen Leiden entsprechend, jedoch mit ste-
ter Rücksicht auf den gasförmigen toxischen Stoff, der als Ursache der
tiefen Störung zu betrachten ist.
$. 166. Ist die schwere constitutionelle Intoxikation ohne Localintoxikation
in Folge der Einverleibung fester, oder flüssiger Gifte, als z.B. von Strych-
nin,; Brucin, Pikrotoxin, Atropin (Daturin), Hyoscyamin, Morphin, Delphi-
nin, Veratrin, Colchiein, Aconitin, Conin, Nicotin, Blausäure, Curare,
Schlangengift oder ähnlich wirkender Gifte eingetrelen, so wird in vielen
Fällen alle und jede Behandlung ganz vergeblich sein, weil der Tod häufig
früher eintritt, als die Heilmittel zur Stelle zu schaffen sind. Diese höchst
fatale Prognose darf jedoch nicht abhalten die Hand zur Heilung anzule-
sen und die oben gestellten Indikationen nach Möglichkeit zu realisiren.
Findet man bei der Untersuchung des Vergifieten Glotliskrampf, Asphyxie,
oder zu Tod gehenden Narkotismus vor, so hat man der Indicatio vitalis
entsprechend auf die Beseitigung dieser Zustände zu arbeiten und zwi-
schendurch der Indicatio ecausalis gemäss die Entfernung des an der Ap-
plikationsstelle restirenden Giftes zu besorgen. Anhaltender Glottiskrampf,
wie er bei Vergiftung durch Strychnin und ähnlich wirkende Gifte sich
einstellt, kann im äussersten Falle die Laryngotomie motiviren, wenn nicht
durch Chloroform, das zur Noth per anum zu applieiren ist, der Krampf
zu heben steht, oder durch mechanische Mittel Luft in die Respiralions-
wege zu schaffen ist. Vorhandene Asphyxie, wie sie nach der Resorp-
tion von Schlangengift, Nicotin u. s. w. auftritt, erheischt das ganze vor-
hin erörterie Verfahren, wobei jedoch die künstliche Erhaltung der Respi-
ration und die Einwirkung des elektromagnetischen Rotationsapparates in
vorderste Linie zu stellen sind. Zu Tod führender Narkotismus, wie er
bei Opium- und Morphiumvergiftung zur Beobachtung gelangt, macht, weil
er mit bedeutender Blutüberfüllung des Gehirns und seiner Meningen ver-
knüpft ist, deplethorische und excitirende Mittel nöthig und dem entspre-
chend wendet man kalte Fomentationen, kalte Begiessungen, Blutegel und
selbst den Aderlass an der äussern Drosselader, oder der Armvene an,
während man reizende Essigklystire setzen lässt und innerlich schwarzen
Kaffee, Kamphor, Ammoniakalien nach Beseitigung des im Magen resti-
renden Giftes darreicht. Ist in der einen oder andern Weise der Indica-
tio vitalis et causalis ein Genüge geschehen, so schreitei man zur Reali-
sirung der Indicatio morbi et symptomatum. Gegen Reflexkrämpfe, wie
die durch Strychnin erzeugten, kämpft man durch vorsichtige Chlorofor-
mirung, durch innerliche Darreichung von Opium, oder Morphium; gegen
paretische und paralylische Erscheinungen wirkt man durch schwarzen
Kaffee, Kamphor, Ammoniakalien, kalte Begiessungen und ähnlich wir-
kende Agentien; gegen Wallungen und Blutüberfüllungen einzelner Organe
und Systeme arbeitet man mit ableitenden Klystieren, starken Rubefacien-
tien, kalten Fomentationen, Blutegeln, Schröpfköpfen und zur Noih selbst
durch stärkere Blutentziehung. Wird, was bei schweren constitutionellen
Vergiftungen nur selten der Fall ist, der Patient unter dem Einfluss der
therapeutischen Behandlung merklich gebessert, so kommt Alles darauf
an, das resorbirte Gift so bald, wie möglich aus dem Blute und den Or-
Zei
nei