Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
108 Falck, die klinisch wichtigen Intoxikationen. 
fand bei der Sektion eines durch Silber verfärbten Individuums nur die 
Schleimhaut der ersten Wege dunkel wie die Lederhaut tingirt, dagegen 
die Schleimhäute der Respirationsorgane sowie die Gewebe der Knochen, 
Bänder, Sehnen, Muskeln, Nerven, des Gehirns, der Leber u. s. w. von 
normaler Farbe. Wedemeyer berichtet dagegen, bei der Sektion ver- 
färbter Individuen alle innern Organe von dunkelschwärzer Farbe gesehen 
zu haben. Wie es scheint, findet diese Differenz der Beobachtungen 
ihre Lösung darin, dass Wedemeyer den höchsten Grad der toxischen 
Kachexie beobachtete, während L&elut nur einen schwächeren Grad der 
Kachexie zu untersuchen hatte, wofür auch der Umstand spricht, dass 
dieser Arzt graue Flecken auf der inneren Oberfläche der Aorta be- 
merkte, was auf ein Weiterschreiten der Affektion hinzudeuten scheint. 
$. 11. Ausser der Verfärbung der Haut und der Veränderung im 
Stoffwandel scheint die chronische Silberkachexie keine anderen soma- 
tischen Störungen im Gefolge zu haben. Indessen ist das Urtheil darüber 
um so schwieriger, als die durch Silber verfärbten Menschen durchweg 
Epileptiker waren. 
AETIOLOGIE. VERLAUF. DAUER. 
$. 12. Aus den Zusammenstellungen von Krahmer geht hervor, 
dass kein Alter, kein Geschlecht, keine Constitution, kein Temperament 
gegen die Verfärbung des Körpers durch Silber sicher gestellt ist, dass 
dieselbe eintritt, wenn viele Monate hindurch im Ganzen wenigstens 
1 Unze Silbersalz in medicamentösen Dosen eingenommen wird, und dass 
dieselbe einmal eingetreten sich unaufhaltsam weiter entwickelt, gleich- 
gültig ob das Silbersalz fortgebraucht oder bei Seite gesetzt wird. Zur 
Ausbildung gelangt scheint die Verfärbung für immer bestehen zu bleiben. 
PATHOGENESE. 
$. 13. Ueber die Natur des in der Haut und in den inneren Orga- 
nen abgelagerten schwarzen Farbstoffs sind viele Hypothesen aufgestellt 
worden, von welchen indessen keine durch genügende Experimente 
sicher gestellt wurde. Dass das dunkle Pigment der Haut Silber enthält, 
scheint heut zu Tage Niemand zu bezweifeln *). 
BEHANDLUNG. 
$. 14. Vor allen Dingen sorge man dafür, dass die Affeklion, wel- 
che viele psychische Leiden im Gefolge hat, möglichst verhütet werde 
Man lasse daher die Silberpräparate als Medicamente nie länger als 
3—4 Monate und höchstens bis zu einer Y, Unze einnehmen. Gegen 
die ausgebildete Verfärbung hat man innerlich Jodkalium, äusserlich Sal- 
petersäure, Chlor, Jod, Sublimat, Ammoniakalien ohne Erfolg zur An- 
wendung gebracht. Wie es scheint, ist das Uebel unheilbar. Uebrigens 
wäre zu versuchen, ob durch Anregung der regressiven Stoffmetamor- 
phose (Hungerkur) und durch Bethätigung der Leber und des Darms 
(Senna, Rhabarber etc.) das Silberpigment nicht zur Resorption und Eli- 
mination zu bringen ist. 
  
*) Brande will Silberoxyd in der Haut eines verfärbten Menschen gefunden 
haben. 
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