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Falck, die klinisch wichtigen Intoxikationen.
$. 214. Untersucht man die einzelnen Muskeln, welche bei der par-
tiellen Bleiparalyse dem Einflusse des Willens enizogen sind, so stellt sich
heraus, dass immer die Extensoren, beziehungsweise die Abductoren und
Adductoren ausnehmend ergriffen sind. Dem entsprechend findet man
bei partieller Paralyse der obern Extremitäten immer die hinteren Muskeln,
und bei partieller Paralyse der untern Extremitäten immer die vorderen
Muskeln dem Willen entzogen. Wie man leicht einsieht, müssen zu Folge
dieser Verhältnisse die partiellen Paralysen mit ganz bestimmten Deformi-
täten und Funclionsstörungen der affıcirten Glieder auftreten, so dass man
im Stande ist eine ganze Reihe bestimmter Formen partieller Paralysen
zu unterscheiden, wie unten geschehen ist.
$. 215. Obwohl eine bestimmte Form der Bleiparalyse ganz isolirt
auftreten kann, so kommt es doch auch nicht selten vor, dass mehrere
Formen von Bleiparalysen verbunden oder neben einander auftreten oder
neben andern Bleikrankheiten erscheinen. Am gewöhnlichsten ist die
Lähmung der obern Extremitäten mit einer Lähmung der untern Extremi-
täten verknüpft. Eben so gewöhnlich beobachtet man eine Paralyse der
Brustmuskeln in Verbindung mit paralylischer Aphonie und paralylischem
Stottern, oder eine Paralyse der Finger in Verbindung mit Paralyse der
Hand und selbst des Vorderarms. Zuweilen bemerkt man Paralysen an
beiden Extremitäten, die in gleichem oder verschiedenem Grade ausgebil-
det sind. Eben so findet man mitunter neben der Paralyse die saturnine
Anästhesie oder die saturnine Arthralgie, was zur Folge hat, dass Ver-
lust der Empfindung oder arthralgische Schmerzen das paralytische Lei-
den steigern. Eben so kann es vorkommen, dass neben der Muskelläh-
mung die saturnine Amaurose sich ausbildet und über kurz oder lang
wieder verschwindet, wie auch neben der Bleiparalyse die saturnine En-
cephalopathie oder die Bleikolik zum Durchbruch kommen kann.
$. 216. Wenn die gewöhnliche Sensibilität in den paralysirten Glie-
dern durch saturnine Anästhesie nicht getilgt ist, so empfinden die Pa-
tienten in denselben meistens ein auffallendes Gefühl von Müdigkeit, von
Schwere und zuweilen auch von eisiger Kälte. Der Puls der paralytisch
affieirten Individuen ist immer schwach, weich, leicht wegdrückbar und
sehr langsam. Bei längerem Bestande der Paralyse werden selbst die
Töne und Schläge des Herzens schwächer und mit der Herzschwäche
tritt eine Schwäche der Bluteireulation ein, die selbst zu Infilirationen und
starken Oedemen führen kann. Auch die Ernährung der paralysirten
Muskeln und Glieder sinkt bei längerer Dauer der Krankheit immer mehr
und mehr, so dass nach Monaten und Jahren eine auffallende Aplasie
der leidenden Theile zu bemerken ist. Die Haut des leidenden Gliedes
ist alsdann weisslich, blass oder livid, oder gelblich und erdfarben, trocken
und spröde und mit exfolürter Epidermis bedeckt. Durch den Schwund
des subeutanen Zellstoffs und Fettes ist die Haut schlaff und runzelig.
Das Volumen der afficirten Muskeln ist auffallend vermindert und das
Gewebe derselben merklich verändert. Ist die Aplasie bis zu einem ge-
wissen Grade vorgeschritten, so betheiligen sich an derselben auch die
übrigen vorher noch unversehrten Theile des Körpers. In Folge davon
verfällt der ganze Organismus in einen dem paralysirten Theile ähnlichen
Zustand, den wir in der Folge als Tabes saturnina näher und genauer
beschreiben werden.
$. 217. Folgende Formen von saturninen Lähmungen können im
Einzelnen unterschieden werden: