Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

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Definition der Gifte, 9 
der Contagien und der contagiösen Krankheiten zu den Giften und Intoxi- 
kationen nicht gestatten. Diesen Bedürfnissen zu Liebe kann -denn die 
Gesammtheit der Gifte in Contagien und Gifte im engern Sinne zerklüftet 
werden, und letztere sind zu definiren, wenn man das wesentliche Merk- 
mal der Conlagien mit dem Zeichen der Negation in die oben gegebene 
Definition vom Gift einschiebt. 
$. 15. Schreiten wir jetzt zur Musterung und Kritik der Definitionen 
vor, welche in früherer Zeit gegeben wurden. Meines Wissens haben alle, 
oder wenigstens fast alle älteren Schriftsteller als wesentliches Merkmal 
der Gifte hervorgehoben, dass dieselben der Gesundheit und dem Leben 
Abbruch thun, indem sie Unwohlsein, Krankheit und Tod veranlassen. 
Freilich ist diese schädliche Wirkung der Gifte keineswegs bei allen Schrift- 
stellern mit gleichen Worten ausgedrückt. In den übrigen Bestimmungs- 
gründen der Gifte gehen dagegen die verschiedenen Schriftsteller nicht 
selten sehr weit aus einander. Bezeichnen auch die meisten nur Sub- 
stanzen als Gifte, so kommen doch auch Definitionen vor, in welchen die- 
selben unbestimmt als Etwas (omne, quod), schlechtweg als Agentien be- 
zeichnet werden; was begreiflich aus dem Grunde unzulässig ist, weil 
alsdann auch die Imponderabilien und psychischen Influenzen in Betracht 
gezogen werden können. Grösser ist jedoch die Diserepanz hinsichtlich 
der weiteren Bestiimmungsgründe der Gifte. So gibt es denn eine ganze 
Anzahl von Schriftstellern, welehe die Dosirung der Gifte als wesentliches 
Merkmal derselben hervorheben, wie z. B. Plenck *), welcher die Gifte 
also definirt: „Ens, quod perexigua dosi, corpori humano ingestum, 
aut extus applicatum, vi quadam peculiari, morbum gravem vel mortem 
causat, venenum seu toxicum audit.“ Wie man einsieht, schliesst indes- 
sen eine solche Definition Substanzen, wie z. B. den Salpeter aus, der 
wie in allen Toxikologien zu lesen ist, nur in relativ grossen Dosen Ver- 
giftung veranlasst. Ueberhauptist nicht einzusehen, wie man bei den De- 
finiionen vom Gift der Dosirung eine besondere Berücksichtigung kann 
zu Theil werden lassen. Fehlt es doch gänzlich an dem terminus a quo 
und ist es doch klar, dass die Dosirung der Gifte nur unter die Bedin- 
gungen der Vergiftung gehört, weil eine bestimmte Dose des Gifts in der 
That Bedingung gewisser Wirkungen ist. 
Andere Schriftsteller haben entweder mit, oder ohne Rücksicht auf 
die Dosen, in ihren Giftbegriffsbestimmungen als Merkmal derselben her- 
vorgehoben, dass sie chemisch wirkende Substanzen sind, was andere 
zu bemerken unterliessen. So hat z. B. Ploucquet*) folgende Defini- 
tion von Gift veröffentlicht: Ejusmodi corpus, quod chemico modo 
vitae vel sanitati hominis desiruendae par est, venenum audit, ejusque 
applicalio veneficium. Offenbar war mit der Berücksichtigung dieses Merk- 
mals der Gifte ein bedeutender Fortschritt in der Erkenntniss derselben 
gemacht, wenn auch damit noch nicht alle Unsicherheit hinsichtlich der 
Bestimmung der Gifte beseitigt ist. So wird man finden, dass nach der 
Ploucquet'schen Definition das Kochsalz zu den Giften gezählt werden 
muss, da dasselbe in grosser Dose dargereicht chemisch den Magen an- 
greift und somit Entzündung und Verschwärung desselben zu verursachen 
vermag. 
Wieder andere Schriftsteller haben entweder mit oder ohne Rück- 
  
*) Toxicologia p. 5. 
*) Commentar, med. in processus criminal. p. 150. 
 
	        
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