Saturnine Dyskrasie, Kakochymie und Kachexie. 299
den bildung, an dem Gefässsystem, an den contractilen Geweben, an den
eim- Schleimhäuten, den drüsigen Organen, so wie in der gesammten Vegeta-
etor tion und Ernährung des Körpers. Das Blut, welches bei fortdauernder
lbst Bleizufuhr fortwährend mit Bleialbuminaten geschwängert wird, erleidet
aus- nicht hinreichend aufgeklärte Veränderungen in seinen physikalischen und
flei- chemischen Verhältnissen. Die Blutgefässe, welche von den Bleimoleku-
Der len fortwährend berührt werden, ziehen sich in Folge der Einwirkung des
nem Giftes auf die vasomotorischen Nerven stärker zusammen, so dass das
trei- Lumen der Gefässe vermindert, die Härte der Arterien gesteigert und die
der Zahl der Pulse verringert wird. Bestehen zufällig an der einen oder an-
ver- dern Stelle des Gefässsystems bei übrigens gewöhnlichen Körperverhält-
dass nissen passive Hyperämien oder gar Blutungen durch Relaxation schad-
im- hafter Gefässwände, so schwinden und stehen dieselben in Folge der
Luer, Strietion, zu welcher die Wandungen der Gefässe durch den Einfluss
stö- des Bleis veranlasst werden. Auch die andern contractilen Gewebe des
l zu Körpers ziehen sich unter der Einwirkung des Bleis analog den Gefäss-
d zu wandungen stärker zusammen, so dass die betroffenen Gewebe derber
apie und fester werden, was begreifllich bei erschlaffien Gewebsschichten am
stärksten in die Augen springt. Die Schleimhäute und die drüsigen Or-
gane des Körpers werden ebenfalls stärker contrahirt und scheiden dem-
gemäss weniger Feuchtigkeit ab. In Folge davon wird die Schleimhaut
m
ne der Mundhöhle etwas trockner und blässer, die Verdauung etwas behin-
i dert, die Stuhlentleerung etwas seltner und härter, die Harnausscheidung
ton etwas spärlicher, die Haut etwas weniger mit Schweissen bedeckt und
AUS- die Expectoration etwas angehaltener, was alles freilich bei gewissen pa-
uon thologischen Zuständen deutlicher hervortritt, als bei den gewöhnlichen
auch Zuständen des Körpers. Auch die vegetaliven und nutritiven Verhältnisse
Ent- des Organismus erleiden unter dem Einflusse des Bleis manche Verände-
iel- rungen, wie man sich sowohl bei ausgewachsenen, als bei den im Wachs-
grift thum begriffenen Individuen überzeugt. Wird ein völlig ausgewachsenes,
der übrigens gesundes Individuum den Wirkungen des Bleis unterstellt, so
als behält dasselbe nur selten sein Körpergewicht und seine Masse bei, son-
> dern vermindert gewöhnlich seinen Umfang und seine Masse in mehr oder
W# weniger merklichem Grade. Wird dagegen ein im Wachsthum begriffenes
mm, Individuum der Wirkung des Bleis ausgesetzt, so schreitet dasselbe ent-
ans weder viel weniger bedeutend im Wachsthum fort oder bleibt auf seinem
este Körpergewichte ganz unverändert stehen, oder kommt mit seinem Kör-
pergewichte merklich zurück. Geht aus diesen Thatsachen zur Genüge
hervor, dass schon die ersten Wirkungen des Bleis der legitimen Orga-
noplastik und Nutrition des Körpers widersireben, so wird dieses noch
kule offenbarer, wenn man die weiteren Wirkungen des Bleis aufmerksam
ver- verfolgt.
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und $. 281. Wird der Körper bei fortdauernder Zufuhr von Blei noch
imo- mehr mit Gift saturirt, so kommen durch stärkere Alterationen in den
sieh Form- und Mischungsverhältnissen, eine Reihe von. Erscheinungen zu
der Tage, welche als entfernte Vorläufer der gewöhnlichen Bleikrankheiten,
von vonTanquerel unter dem Namen der „primitiven Bleiintoxikation“
Vlen- zusammengefasst werden, welche aber sicher als Zubehör einer höheren
alti- Entwicklungsstufe der saturninen Dyskrasie, beziehungsweise der Kako-
'vor, chymie und Kachexie zu betrachten sind. Diesen Erscheinungen muss
gen. wegen der Diagnose und Prophylaxe der Bleikrankheiten ein hoher Werth
ird, beigelegt werden, wesshalb es gerechtfertigt erscheint, dieselben ausführ-
Blut- licher zu besprechen.