230 Falck, die klinisch wichtigen Intoxikationen.
$. 282. 1) Gilvor saturninus. Wenn der Mensch bis zu einem leid
gewissen Grade mit Blei saturirt ist, so überzieht sich die Haut desselben es
zunächst mit einer blassgelben oder mattaschgrauem, später mit einer des
erdfahlen oder schmutzig gelben Farbe, welche als Icterus saturninus be- Köı
zeichnet und beschrieben wurde. Diese Benennung ist aber darum zu sch
verwerfen, weil im Verlaufe der Bleikolik eine durch spasmodische Con- Ap]
traction der Gallenwege entstehende wahre Gelbsucht aufkommen kann,
welche von der in Rede stehenden unterschieden, aber gleichwohl als
Icterus saturninus bezeichnet wurde. Sollen nun, was jedenfalls wün- gev
schenswerih ist, beide Erscheinungen, wie sachlich, so auch sprachlich unc
unterschieden werden, so muss die eine davon nothwendig einen andern nie]
Namen erhalten, wesshalb wir die, bei der Bleikachexie auftretende Haut- hät
färbung als Gilvor saturninus bezeichnen. Was nun die Genese dieser sch
charakteristischen Hautfärbung betrifft, so wird dieselbe nur bei solchen fen
Individuen gefunden, welche durch die gewöhnlichen Atrien des Körpers Ble
eine gewisse Menge von Blei innerhalb einer bestimmten Zeit in das Blut
aufgenommen haben. Tanquerel sah die Färbung oft nach 12—20tä-
giger Beschäftigung mit Bleiweiss und einmal nach der allmählichen Zu- ger
führung von 49 Gran Bleizucker entstehen, womit sehr werthvolle An- im
haltspunkie zur Schätzung der, zur Genese der Hautfärbung nöthigen Zäl
Giftimengen und Zeitfristen gegeben sind. Indessen scheinen die indivi- zue
duellen Verhältnisse der Menschen bei der Genese des Gilvor eine be- der
deutende Rolle zu spielen, denn zuweilen wird die in Rede stehende Fär- buı
bung auch nach der Zufuhr von grösseren Bleimengen und nach längeren une
Zeitfristen vermisst. Ist der Gilvor völlig ausgebildet, so tritt derselbe pat
am deutlichsten an der Albuginea der Augen, deutlich auf der Haut des thü
Gesichts, weniger deutlich dagegen auf der Haut des Rumpfes und der dei
Extremitäten hervor. Durch Schwefel- und andere Bäder, durch Wasch- Sir
wasser verschiedener Art ist der Gilvor nicht zu beseitigen, zum Beweis, ZWi
dass derselbe durch anhaftenden Schmutz nicht bedingt ist. Wie es Zal
scheint, ist die eigenthümliche Färbung der Haut von inneren dys- liel
kratischen und kachektischen Verhältnissen abhängig, denn Tanquerel scl
bemerkte bei ihrem Auftreten auch einen gelben, in das grünliche spie- da:
lenden Reflex des Blutserums, dunkelgelben, von Gallenfarbstoff freien hö
Urin, gelb-falbe Fäces und bei der Section verfärbter Individuen einen Za
gelb-falben Teint an fast sämmtlichen inneren Organen des Körpers. de:
Tanquerel erklärt die Färbung als Folge einer durch Bleimolekule ein- bri
getretenen Blutzersetzung. Bei zukünftiger Forschung ist vor Allem dahin hö
zu trachten, dass der evidente Farbsioff genauer charakterisirt werde. sät
Möglich, dass sich derselbe trotz Tanquerel’s Widerspruch als Gallen- de
farbstoff erweist und aus einer Polycholie erwächst, die der Localisation 2a
von Blei in der Leber auf dem Fusse folgt. sie
zu
$. 283. 2) Macies etinfirmitas saturnina. Gleichzeitig mit sc)
dem Erscheinendes charakteristischen Gilvor, oder auch etwas später Pig
macht sich bei den Individuen, welche der fortdauernden Zufuhr von Blei na
unterstellt sind, eine auffallende Abmagerung und Entkräftung des Körpers ste
bemerklich. Die Abmagerung stellt sich zwar als allgemeine dar, spricht dis
sich jedoch besonders im Gesichte aus, welches durch das Schwinden mi
des subeutanen Fetts faltenreich wird und ein greisenartiges und tristes Hi
Ansehen gewinnt. Der Grad der Abmagerung ist übrigens bei verschie- vo
denen Individuen ganz verschieden, mitunter so bedeutend, dass der di
Mensch so zu sagen bis auf das Skelett abgezehrt erscheint. In der bi
Mehrzahl der Fälle ist indessen die Abmagerung nur mässig, so dass das