Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
260 Falck, die klinisch wichtigen Intoxikationen, 
DIAGNOSE. 
$. 360. Wenn bei der Erforschung der anamnestischen Verhältnisse 
kein genügendes Licht über die Genese der vorhandenen Leiden verbrei- 
tet wird, so hat man bei Verdacht einer Arsenikvergiftung die chemische 
Untersuchung der Ausleerungen und der verdächtigen Substanzen voTzu- 
nehmen. Indessen wird diese nur in den seltensten Fällen für klinische 
Fälle nöthig sein, da die augenfälligen Erscheinungen der durch Arsenik 
veranlassten Intestinalaffeelion meistens so geartet sind, dass man daraus 
die Intoxikation zur Genüge erkennt. In der That unterscheidet sich die 
Arsenikvergiftung von der übrigens Ähnlichen Phosphorvergiftung durch 
den Mangel von im Finsteren leuchtenden Ausleerungen und durch Man- 
gel des eigenthümlichen Phosphor- oder Ozongeruchs. Ebenso kann man 
die Arsenikvergifiung von den Vergiftungen durch starke Mineralsäuren 
gewöhnlich schon durch die Symptome unterscheiden, denn bei letzteren 
findet man in der Regel an den Lippen, in dem Munde und Schlunde 
unzweifelhafte Spuren von Verätzung, während man bei der Arsenikver- 
giftung höchstens nur Schwellungen und Entzündungen vorfindet. Noch 
am schwierigsten ist die symptomalische Unterscheidung der Arsenik- und 
Sublimatvergiftung. Betrachtet man indessen die durch Erbrechen ausge- 
leerten Massen, so findet man bei der Arsenikvergiftung nicht selten 
weisse Körner, welche auf glühende Kohlen gebracht, oder zwischen Pa- 
pier verbrannt einen deutlichen Knoblauchgeruch verbreiten, während die 
erbrochenen Massen bei der Sublimatvergiftung nicht selten Quecksilber- 
a enthalten, die der Sachverständige ohne Weiteres als solche 
erkennt. 
PROGNOSE, 
$. 361. Die bei der durch Arsenik verursachten Intestinalaffeetion 
zu stellende Prognose richtet sich nach verschiedenen Verhältnissen. Im 
Allgemeinen ist dieselbe um so günstiger, je kürzere Zeit die Intoxicalion 
besteht, je weniger Gift zur Lösung und Resorption gelangt ist, je le- 
benskräftiger sich das vom Gift berührte Individuum erweist und je ra- 
scher und vollständiger alle die Mitteln zu beschaffen sind, welche zur 
Heilung der Intoxication gehören. Dagegen ist die Prognose um so un- 
günstiger, je länger die Intoxication aufgekommen ist, je stärker sich die, 
durch Mitleiden entfernter Organe gesetzten Complicationen erweisen, je 
grösser die Dose des genommenen Giftes ist, je schwächer sich das ver- 
giftete Individuum herausstellt, und je schwieriger und langsamer die zur 
Beseitigung der Intoxieationen nöthigen Gegengifte und antitoxischen Mit- 
teln zu beschaffen sind. Indesseh darf nicht verschwiegen werden, dass 
die Intoxication zuweilen unter Umständen mit dem Tode endet, unter wel- 
chen nur ein günstiger Ausgang zu erwarten stand, und dass die Intoxika- 
lion zuweilen unter Umständen günstig verläuft, unter welchen nur ein 
lethaler Ausgang erwartet werden konnte. 
BEHANDLUNG. 
$: 362. Die Behandlung der Gastroenteropathia arsenicalis ist ver- 
schieden, je nachdem dieselbe als einfaches oder complicirtes Leiden er- 
scheint. Stellt sich die Intestinalaffection in einfacher Form dar, was bei 
eben aufgekommener Vergiftung meistens der Fall ist, so hat man die 
Aufgabe, das einverleibte Gift, so rasch als möglich zu beseitigen und 
unwirksam zu machen und der drohenden Entzündung vorzubeugen oder 
wenn dieselbe bereits eingetreten ist, das Leiden der ersten Wege zu 
ülgen. Stellt sich dagegen die Intestinalaffection als complieirte dar, SO
	        
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