266 Falck, die klinisch wiehtigen Intoxikationen.
spasmodische Contracetionen der Waden, oder anderer Muskelgruppen,
bald convulsivische Zuckungen einzelner oder vieler Muskeln des Rumpfs
und der Extremitäten, bald parelische oder paralylische Affectionen der
unteren, sellner der oberen Gliedmassen, bald endlich tiefe Ohnmachten
oder bedeutenies Herzklopfen, oder andere Erscheinungen gestörter Herz-
innervation. Bis zu diesem Grade entwickelt, bedarf der Krankheitsprocess
keines besonderen Anstosses, um die Tabes in ihr sicheres Geleise ein-
treten zu lassen. Die völlige Vernichtung der Chymification und Chylifi-
cation zu Folge des mit Erbrechen und Durchfällen verbundenen Intestinal-
leidens, die grössere oder geringere Störung in der Circulalion, Respira-
tion und der Innervation genügen vollkommen, um die der Tabes zu
Grunde liegende Consumtion einzuleiten. Ist die Zehrung im Gange, so
nimmt der Patient zusehends an Umfang und Körpergewicht ab, bis er
am Ende wie ein klägliches, nur noch von Haut bedecktes Gerippe aus-
sieht. Weit entfernt davon mit dem Scehwunde der Körpermasse, des
Fettes, der Muskel - und Drüsensubstanz, zur Ruhe zu kommen, stellen
sich jetzt, wenn nicht schon früher, heetisches Fieber und ödematöse
Schwellungen des Gesichtes und der Extremitäten ein, während die Lei-
den des Nervensystems noch zunehmend sich steigern. Auf dem Gipfel
des Leidens angelangt, findet man den mumienartig verkommenen, der
Consumtion und Hektik verfallenen, paralytisch affieirten, von neuralgi-
schen oder arthralgischen Schmerzen gefolterten und von Durchfall, Er-
brechen und anderen belästigenden Leiden gequälten Patienten schlaflos
an sein Lager gefesselt, um der baldigen Auflösung gewärlig zu sein. Der
Tod des Patienten erfolgt zuweilen bei ganz klarem Bewusstsein durch
innanilielle und hectische Erschöpfung, zuweilen unter den Erscheinungen
von Delirien, Coma oder Convulsionen.
Wird der Patient vor völliger Entwickelung der confirmirten Tabes
der Einwirkung des Giftes entzogen und einer sorgfältigen Pflege und Be-
handlung unterstellt, so gelingt es zuweilen denselben am Leben zu erhal-
ten. Völlige Genesung wird dabei freilich selten erzielt: in der Mehrzahl
der Fälle bleiben Lungen- oder Nervenleiden zurück, die sich den An-
sriffen des Arztes hartnäckig widersetzen.
ANATOMISCHE CHARAKTERISTIK.
$. 368. Die Leichen der an Arsenikzehrung verstorbenen Individuen
bieten ein eingetrocknetes, muümienähnliches Ansehen dar. Die Muskula-
tur derselben ist auffallend atrophisch und an vielen Stellen in eine seh-
nige zellulöse Substanz verwandelt. Das Fett des Körpers und besonders
das unter der Haut, um die Nieren und in den Mesenterien eingelagerte
Feit ist völlig geschwunden. Die Schleimhaut der ersten Wege bietet
stellenweise die Zeichen der Entzündung oder der Helkose dar. Die Le-
ber, die Milz und die anderen drüsigen Organe lassen Atrophie und
zuweilen sogar verhärtete Stellen erkennen. In den Lungen findet man
die anatomisch fasslichen Zeichen der Bronchitis, oder der Bronchopneu-
monie oder der tuberceulösen oder eitrigen Entartung. An dem Gehirne,
dem Rückenmarke und den Nerven sucht man in der Regel vergeblich
nach einer auffallenden Veränderung.
DIAGNOSE.
$. 369. Die Tabes arsenicalis kann mit der Tabes saturnina, mit der
sewöhnlichen Schwindsucht, so wie bei vorhandener Formication mit der
Kriebelkrankheit verwechselt werden. Bei genauer Untersuchung des Pa-
tienten lässt sich indessen die Arsenikzehrung von der Bleizehrung schon