394 Falck, die klinisch wichtigen Intoxikationen,
Diarrhoen, bald unter den Erscheinungen von Paralyse. Ging die Krank-
heit in mehr weniger vollkommene Genesung aus, so wichen die spas-
modischen Zufälle und die anderen Erscheinungen der Cerebrospinalaffec-
tion, aber nicht selten blieben Schwäche und Zittern und Schwellungen
der Glieder, Steifigkeit der Gelenke, Lähmungen, epileptische Zufälle, Me-
lancholie, Blödsinn, Störungen in dem Sehvermögen, chronischer Schwin-
del, periodisch wiederkehrende Convulsionen , anasarcöse oder Ödematöse
Schwellungen und andere Residuen und Folgen der Krankheit zurück.
ANATOMISCHE CHARAKTERISTIK.
$. 448. Die so häufige Gelegenheit zu Autopsien ist in früherer Zeit
leider nur höchst spärlich benutzt worden. Was wir über die anatomisch-
fasslichen Veränderungen der Organe der Verstorbenen erfahren haben,
verdanken wir nur sehr wenigen Aerzten (Wend in Camenz, Taube
in Celle, Hermanni zu Homberg, Bonjean zu Chambery u. A. m.),
welche im Ganzen über etwas mehr als ein halb Dutzend Leichenöffnun-
gen berichteten. Wie wir daraus erfahren, gingen die Leichen der Ver-
storbenen sehr bald in Zersetzung und Fäulniss über. Die Augen der-
selben waren collabirt und retrahirt, die Hirnhäute stroizend von Blut er-
füllt, die Wände des Herzens welk, die Höhlen des Herzens klutleer, die
Lungen, besonders in den Gefässen von vielem schwarzem Blute erfüllt,
die Wandungen der ersten Wege gelb tingirt und hier und da mit starken
rothen Injeetionen oder brandigen Flecken bedeckt. Dabei war die Leber
dunkelbraun und hart und stroizte von Blut, die Gallenblase, sowie die
Harnblase sehr ausgedehnt, die Milz meistens intumeseitt.
URSACHEN.
8. 449. Gerade so wie der Mutterkornbrand enlwickelte sich die Krie-
belkrankheit in schlechten, an Misswachs reichen Jahren, zuweilen spora-
disch, häufiger ‘in örtlich beschränkten Epidemien, welche immer kurze
Zeit nach der Eındte, wenn das frische Getreide zu Brod und Mehlspei-
sen verbacken wurde, ausbrachen. Ging aus diesen Verhältnissen mit
Bestimmtheit hervor, dass die äussere Ursache der Kriebelkrankheit , so-
weit sie in krankheilserzeugenden Potenzen zu suchen ist, in dem einge-
heimsten Getreide gelegen sein musste, so lag auch daran, dieselbe mög-
liehst speciell zu bezeichnen und aufzudecken, weil möglicherweise daraus
practische und prophylactische Folgerungen zu ziehen waren. Von dieser
Einsicht getragen, hat man seit dem Anfange des siebzehnten Jahrhun-
derts die naturwüchsigen Begleiter des Getreides, welche mit demselben
nach Hause genommen werden, so wie die epiphylischen Schmarotzer-
pilze*) die sogenannten Getreidekrankheiten (Brand, Caries u. s. w.) ganz
speciell in das Auge gefasst und bald das Mutterkorn, bald den Taumel-
lolch (Schwindelhafer, Tollkorn, Lolium temulentum), bald die Samen des
Ackerretligs oder des Hederichs (Raphanus Raphanistrum), den man auch
Kriebelretlig nannte, bald die kleinen epiphylischen Schmarotzerpilze des
Getreides (Brand u. s. w.), bald mehrere dieser Dinge als die äussere
krankheitserzeugende Ursache der in Rede stehenden Krankheit erklärt.
Welches von diesen Naturprodukten als die wahre krankheitserzeugende
Ursache zu betrachten ist, dürfte sich heut zu Tage nicht schwer entschei-
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*) $. darüber Anton de Bary: Untersuchungen über die Brandpilze und die
durch sie verursachten Krankheiten der Pflanzen mit Rücksicht auf das Getreide
und andere Nutzpflanzen. Berlin, 1853.