346 Virchow, Zoonosen.
Anorexie, die sich nicht selten bis zur Uebelkeit und zum Erbrechen stei-
gern kann, die jedoch nur selten andauert, so dass in den freieren Zwi-
schenräumen die Hunde zuweilen mit gesteigertem Appetit fressen. In-
dess ist die verminderte Fresslust doch eine wichtige Erscheinung und es
ist namentlich hervorzuheben, dass wenngleich die Hunde besondere
Leckerbissen oder bessere Speisen noch fressen, sie ihr gewöhnli-
ches Futter entweder ganz stehen lassen, oder dasselbe beschnuppern,
einige Bissen in den Mund nehmen und sich dann davon wegwenden.
Eigentliche Wasserscheu ist nie vorhanden, vielmehr ist in dieser Zeit
nicht sellen vermehrler Durst und häufiges Saufen bemerkt worden.
Dagegen findet sich gewöhnlich angehaltener Stuhl. — Fieberhafte Zu-
stände scheinen selten in ausgesprochener Weise vorzukommen.
Neben und nach diesen allgemeinen Zeichen der Krankheit erschei-
nen nach und nach mehr speeifische:
1) Eine Veränderung an der Narbe, hauptsächlich bemerkbar
durch eine grosse Empfindlichkeit derselben. Man erkennt diess aus der
sorgfältigen, häufigen und andauernden Art, mit der das Thier die Sielle
leckt oder auch kratzt oder daran gnaut.
2) Veränderungen in den Affecten nnd Trieben. Sehr
charakteristisch scheint das Lecken des eigenen Urins, sowie das freilich
seltenere Lecken und Fressen des eigenen oder fremden Kothes zu sein.
Fast constant ist eine besondere Idiosynkrasie, allerlei ungeniessbare oder
unverdauliche Körper ins Maul zu nehmen, zu benagen ‘der selbst zu
verschlucken, Stroh, Papier, Holz, Fäden u. A. Häurg ist der Geschlechtstrieb
erregt und die Thiere beriechen und belecken die Geschlechtstheile und
den After anderer Hunde mit besonderem Eifer und grosser Beständigkeit.
Manche zeigen gegen andere ihnen sonst ferner stehende Thiere, z. B.
Katzen eine ungewöhnliche Freundlichkeit, ja Anhänglichkeit, während
freilich die Mehrzahl schon in dieser Zeit eine grössere Zornigkeit gegen
die ihnen sonst unangenehmen Thiere, sowie gegen diejenigen, die sie
zu jagen, treiben, beissen gelehrt worden sind, erkennen lassen. Endlich
nimmt man namentlich bei Stubenhunden ein verändertes Benehmen gegen
ihre Herren wahr, denen sie mit Trägheit oder Unlust gehorchen. Bei
Hof- und anderen mehr im Freien gehaltenen Hunden äussert sich diess mehr
durch einen allgemeinen Widerstand gegen psychischen und physischen
Zwang, sowie durch Scheu, Zurückgezogenheit und Widerwillen gegen Be-
obachtung, welche in Verbindung mit der schon erwähnten Unruhe und
dem häufigen Wechsel der Depressions- und Irritations- Phänomene das
Bild einer inneren Angst vervollständigen, welche das Thier befallen hat.
3) Veränderungen der Organe der Schlund- und Kehl-
kopfgegend. Ein eigentlicher Krampf scheint bei den Hunden nur aus-
nahmsweise beobachtet zu sein, obwohl eine leichte Erschwerung des
Schlingens, ein öfteres Würgen (Renner) vorkommt und in einem Falle
berichtet wird, dass der Hund Bewegungen gemacht habe, wie wenn
ihm etwas im Schlunde stecke (Faber S. 54). Dagegen tritt schon früh
zuweilen die Veränderung der Stimme ein, welche im nächsten Stadium
besonders charakteristisch wird, und sehr gewöhnlich ist es, dass die Thiere
an kalten Gegenständen, Steinen, Eisen, Wänden mit der Zunge lecken.
Anschwellungen des Schlundes oder gar der Zunge scheinen weniger con-
stant zu sein. Manchmal findet sich eine vermehrte Absonderung des
Speichels und der Mundlflüssigkeit, welche einige Tage anhält, und welcher
zuweilen eine mehr schaumige Anhäufung von Geifer folgt; später, oft schon
von Anfang an ist das Maul trocken, ja spröde und heiss.
4) Veränderungen des motorischen Apparats. Bei allen