Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

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Wuthkrankheit der Thiere. 359 
zugehen. Denn gleich wie sich zeigte ($.16, 2), dass ein gebissenes Thier 
nur dann wirklich toli wird, wenn es die Prädisposition besitzt, so müsste 
man auch annehmen, dass die Lyssa sich in einem Hunde nur dann spontan 
entwickeln könne, wenn er unter besonderen äusseren Bedingungen lebt, 
oder in seinem Inneren besondere Eigenthümlichkeiten hervorgerufen wer- 
den. Analysirt man diese Bedingungen und Eigenthümlichkeiten genauer, 
so enthalten sie nirgends einen sicheren Gegenbeweis, dass auch in einem 
solchen Falle die Krankheit nicht durch Ansteckung könne hervorgebracht 
sein. 
Vergleicht man insbesondere die historische und geographische Aus- 
breitung der Krankheit, so lässt sich nicht in Abrede stellen, dass dieselbe 
vielfach zusammenfällt mit dem Grade der Zähmung und der Ver- 
weichlichung der Thiere, wie schon Gruithuisen, Berthold, Mi- 
chel angaben. Alle Schilderungen, welche wir von dem Leben der Thiere 
im Orient haben, lehren uns, dass die Hunde dort ein freieres, gewisser- 
maassen mehr Öffentliches Leben führen, was wesentlich mit der Auflas- 
sung derselben als unreiner Thiere zusammenhängt, einer Auffassung, 
die sich von den alten Juden auf die Moslems übertragen hat, die aber 
unter den griechischen, romanischen und germanischen Völkerschaften fast 
ganz verschwunden ist. In dem Maasse als der Hund mehr Hausbewohner 
geworden ist, hat sich auch die Hundswuth mehr ausgebreitet, und wenn 
auch an sich die eigentlichen Stuben- und Schoosshunde wegen ihres 
häuslichen Lebens dem Angriffe wüthender Thiere weniger ausgesetzt sind, 
so scheint doch ihre Neigung zur Erkrankung grösser zu sein, als die der 
Karren-, Jagd- und anderer mehr im Freien lebender Hunde. 
Dass weder Mangel an Nahrung oder Getränk, noch eine besondere 
Nahrung als solche im Stande ist, die Lyssa. hervorzubringen, ist jetzt 
allgemein anerkannt, während es nicht unwahrscheinlich ist, dass voraus- 
gegangene oder noch bestehende Krankheitszustände (Staupe, Entozoen), 
sowie besondere körperliche oder psychische Aufregungen, namentlich un- 
befriedigter Geschlechistrieb den Ausbruch der Krankheit beschleunigen. 
Allein niemals ist mit Sicherheit dargelhan, dass sie die Krankheit er- 
zeugen. 
8. 21. Wenn daher auch in dieser Richtung die Annahme einer 
bloss contagiösen Fortpflanzung eher eine Unterstützung findet, so dürfle 
sich die Frage ergeben, ob nicht die Krankheit den Hunden ersi von einer 
anderen Thierart übertragen wird? Es ist gegenwärtig fast ganz allgemein 
angenommen, dass die Lyssa primär niemals bei anderen alsRaub- 
thieren vorkomme, dass demnach die spontane Wuth ausser den Hun- 
den nur den Katzen, Wölfen und Füchsen eigenthümlich sei. Von 
den Katzen hat jedoch schon Froriep (Casper’s Wochenschr. 1837. 
Nr. 13) es höchst wahrscheinlich gemacht, dass bei ihnen die Wuth nur 
in Folge von Bissen vorkomme. Von der spontanen Wuth der Wölfe 
und Füchse hat man mehr durch ein stillschweigendes Abkommen, als 
durch eine innere Nothwendigkeit zu reden aufgehört, und die Schwierig- 
keit, die Krankheit bei ihnen regelrecht zu verfolgen, dürfe es auch nicht 
sehr wahrscheinlich machen, dass es so bald gelingen werde, diesen Punkt 
aufzuklären. Indess scheint es doch wichtig hervorzuheben, dass wenn 
überhaupt die contagiöse Fortpflanzung zugestanden wird, eine Ableitung 
des Contagiums von den zuletzt erwähnten Thieren an sich wenigstens nicht 
unwahrscheinlich ist. 
$. 22. Gegenüber einer solehen Argumentation stehen die Anhänger 
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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