366 Virchow, Zoonosen,
gebissenen Menschen, selbst bis über 20 nur einer oder wenige erkrank-
ten (vgl. Lenhossek S. 269), allein diese Zahlen geben keine prognosii-
schen Anhaltspunkte. Faber stellte aus Würtemberg 145 Fälle von ge-
bissenen Personen zusammen, unter denen 28, also 1 unter 5.178 erkrank-
ten. Worin diese verschiedene Empfänglichkeit beruht, ist wenig einzu-
sehen, zumal da uns bestimmte Thatsachen über die Art desDBisses selbst
meist fehlen. Weder das Geschlecht, noch die Constitutionen bedingen
eine nachweisbare Empfänglichkeit, dagegen scheint das jüngere Alter aller-
dings eine geringere Prädisposilion zu besitzen. Wichtig ist die Locali-
tät des Bisses, insofern Verletzungen an unbedeckten Körpertheilen,
namentlich am Gesicht und den Händen ungleich grössere Gefahr mit sich
bringen, da hier die Einbringung des Giftes weit bestimmter geschehen
kann. Auch ist es nicht unwahrscheinlich, dass eine gewisse epidemi-
sche Constitution die Empfänglichkeit erhöht.
$S. 28. Auch bei dem Menschen findet sich ein langes Stadium
der Inceubation oder Latenz desGiftes, das schon die alten Aerzte
auf 40 Tage angaben (Caelius Aurelianus, Aetius), und:das im All-
gemeinen bis zur 4. — 7. Woche dauert, ganz analog wie beim Hunde*).
Wie früh nach der Verletzung die Krankheit auftreten könne, ist nicht
genau genug festgestellt. Manche Beobchter gaben sehr frühe Zeiten, die
erste Woche, ja 3 Tage nach dem Bisse an, doch sind diese Fälle nicht
hinreichend eonstalirt, (schon Hunter hob hervor, dass hier wohl meist
Tetanus vorhanden gewesen sei), indess scheint es doch nicht bestimmt
in Abrede gestellt werden zu können, dass die Krankheit schon nach 8
Tagen ausbrechen könne. Eben so wenig sicher ist der Endpunkt der
Latenzperiode Hunter erwähnte Fälle von 17 — 19 Monaten, und die
älteren Schriftsteller rücken den letzien Termin bis zu 20 und 40 Jahren
hinaus. Allein auch hier bestehen begründete Bedenken über die Natur
und den Ausgangspunkt der Krankheit in den einzelnen Fällen, und es
dürften alle Beispiele mit grosser Vorsicht aufzunehmen sein , wo die La-
tenz bis über die Dauer eines Jahres sich hinauszog.
Wie es scheint, ist auch hier die Individualität desKranken entischei-
dend, denn fast jedesmal, wo mehrere Personen kurz hintereinander von
demselben Thiere gebissen sind, erfolgt die Erkrankung in ungleichen Zeit-
räumen. Am bekanntesten ist der Fall von Trolliet, wo von 23 Per-
sonen, welche innerhalb 9 Stunden von einer wüthenden Wölfin gebissen
wurden, 13 starben und dieKrankheit bei 6 zwischen dem 15. und 30. Tage, bei
4 zwischen dem 30. und40., bei 2 zwischen dem 40 und 53., bei einem 3 Mo-
nate 18 Tage nach der Verwundung ausbrach. Etwas mag dem Einflusse
äusserer Einwirkungen zuzuschreiben sein, indem namentlich, wie auch
bei den Thieren, körperliche und geistige Aufregungen, neue
Verletzungen oder Diätfehler (St. Martin), Excesse in Baccho et Venere
den Ausbruch der Krankheit sehr begünstigen.
$. 29. Von den als charakteristisch betrachteten Erscheinungen des
Incubationsstadiums sind folgende bemerkenswerth:
1) Das Verhalten der Bissstelle. Im Allgemeinen heilen die
Bisswunden nicht besonders schwer , und obschon es einzelne Fälle gibt,
wo die Stelle beträchtlich anschwoll, eiterte und selbst brandig wurde, so
%) Auch bei den anderen Thieren treffen diese Zahlen im Grossen zu, wiewohl
vielfach frühere, manchmal spätere Termine gefunden wurden.
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