Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
  
  
  
  
384 Virchow, Zoonosen. 
eine direetere Beziehung zu den Secretionsorganen oder zum Blute selbst 
haben. 
Unter den Pflanzen erwähnt schon Plinius die wilde Rose (Cynor- 
rhodon, Rosa canina) und das alte Alysson, welches nach der Beschrei- 
bung des Dioscorides .eineBiscutella sein soll (Schneider), scheint in 
der Empfehlung der Seutellaria lateriflora wiederaufgelebt zu sein. 
‚Spalding in New-York gibt ein Infus. von 1!/, Theelöffel des gepulver- 
ten Kraules in1 Quart heissem Wasser und lässt dvon 12 Unzen Morgens 
und Abends nehmen, indem er jeden 3. Tag aussetzt und ein mildes Ab- 
führmittel aus Schwefel gibt. Youatt hat das Mittel in Verbindung mit 
Belladonna versucht und obwohl eres für kein eigentlichesSpeecificum hält, 
so empfiehlt er es doch sehr angelegentlich. Ebenfalls alte Mittel sind 
der Buxus, die Ruta und die Salvia, welche sich in mancherlei volks- 
ihümlichen Combinationen finden, z. B. dem Schwarzenberg’schen Pulver 
(Hb. Rutae und Sem. Taxi), dem Webb’schen Trank, und welche durch 
den Werth, den ihnen Blaine und Youati beilegen, eine nicht geringe 
Anerkennung gefunden haben. In den slavischen Ländern sind als popu- 
läre und später auch von Aerzten viel empfohlene Mittel bekannt .das 
Alisma Plantago (zu 38), die Rad. Genistae linctoriae (in Pul- 
ver zu 3j, in Abkochung zu 3j8), die Rad. Gentianae eruciatae (in 
Pulver zu 3j—iv, Mittel von Lalie), die Rad. Spiraeae ulma- 
riae und Polygoni Bistortae, die Euphorbia villosa. Ein uraltes, 
neuerlich wieder gebrauchtes Mitttel ist die Anagallis arvensis, 4mal 
täglich 1/, Drachme des Pulvers mit dem Decoet desselben, dem 30-40 
Tropfen von caustischem Salmiakgeist zugesetzt werden, durch 3 —4 Tage, 
später eine Woche lang den Absud allein. Es soll dieses Mittel sehr nahe 
stehen der Belladonna, deren praevenlive Eigenschaft bei der Lyssa 
besonders durch Münch in Ansehen kam. Er gab das Pulver mit Hafer- 
schleim vermischt zu 6—14 gr., in Zwischenräumen von 48 Stunden; em- 
pfindet derKranke nach der 3.Gabe noch ein schmerzhaftes Ziehen in der 
Wunde, so nimmt derselbe gleichfalls in 48stündigen Zwischenräumen noch 
3 Pulver , jedes um !/, gr. stärker. Dabei bleibt er im Bette und unter- 
stützt den Schweiss durch diaphoretische Mittel; bricht trotzdem die Krank- 
heit aus, so wird ein Aderlass gemacht und alle 24Stunden eine steigende 
Dose der Belladonna gegeben, bis die Wunde gut eitert und vernarbt. 
Sauter hat dieses Verfahren später für die ausgesprochene Wasserscheu 
acceplirt und jedesmal im Beginne des sponlanen hydrophobischen Paro- 
xysmus eine Dosis der gepulverten frischen Belladonnawurzel gegeben, 
beim ersten Anfall 8 gr., beim zweiten 10, beim dritten 12 srt.; derKranke 
bleibt dabei im Belt, muss vor jeder Erregung aufs sorgfälligste geschützt 
werden und nimmt ausserdem, wenn es geht, einen diaphorelischen Thee. 
Es soll dann ein heftiger Schweiss ausbrechen, der vollkommen kritisch 
wirkt. — Auch Strammonium, Nicotiana, Opium sind versucht wor- 
den, haben jedoch weniger Anerkennung gefunden. 
Unter den thierischen Substanzen sindam meisten gepriesen die Can- 
thariden und die Meloö, beide seit alter Zeit bekannt, und vielfach 
in Volksmitteln , leiztere namentlich in der sog. preussischen Latwerge, 
einem vonFriedrich demGrossen angekauften Geheimmittel eines schlesi- 
schen Bauern. Man gab Pulv. Cantharidum gr. j täglich durch 3—6 Tage 
(Axter) oder gar durch 6 Wochen (Werlhof) und wandte zugleich auf 
die Bissstellen Pulv. oder Empl. Canthar. an. Die Melo& gab man zu ein 
Stück Morgens und Abends alle 10 Tage, oder zu gr. j. pro dosi stünd- 
lich. — Moschus ist in Verbindung mit. anderen Mitteln häufig ange- 
wandt, insbesondere mit Mercurialien. 
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