Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

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gen selten die Wandungen desselben verätzen, während es leicht geschieht, 
wenn die genannten Gifte in den leeren nüchternen Magen gebracht wer- 
den. So nimmt man wahr, dass nach dem Einathmen von Bleiweissstaub 
oder nach der Einführung von Bleiweiss in den Magen leicht Bleiintoxika- 
tionen zu Stande kommen, was nach der Applikation derselben Substan- 
zen auf die Hautdecken vielleicht niemals der Fall ist. Die Gründe aller 
dieser Verhältnisse sind nicht immer dieselben. Kurara und Morphin wir- 
ken von dem Magen und den unverletzien Hautdecken nur deshalh nicht, 
weil sie nicht resorbirt und in das Blut übergeführt werden. Mittlere Do- 
sen von Metallsalzen bewirken bei vollem Magen keine Verätzung seiner 
Wandungen, weil das Contentum des Magens meistens zureicht den Alfi- 
nitäten der Melallsalze zu genügen und daher die Wandungen des Magens 
nieht in den chemischen Process hineingezogen werden. Bleiweiss macht 
Bleiintoxikationen durch die Lungen, wie durch den Magen, weil es da- 
selbst durch Säuren gelöst, verflüssigt und in das Blut geführt wird, was 
bei der Applikation des Gifts auf die Hautdecken keineswegs der Fall ist. 
8.47. Ausser den angeführten äusseren Umständen, welche sich 
als Bedingungen der Giftwirkungen geltend machen, gibt es vielleicht noch 
einige andere, wie z. B. die Atmosphärilien. Indessen ist die Ab- 
hängigkeit der Wirkungen der Gifte von denselben kaum mit Bestimmtheit 
darzulegen und vielleicht bei den energisch wirkenden Gilten gar nicht 
vorhanden. Am ehesten kann man noch den Atmosphärilien eine Be- 
theiligung an den Wirkungen der langsamen und schleichenden Gifle zu- 
gestehen, wie z. B. an der Wirkung des Calomels, welches, wie man be- 
hauptet hat bei feuchtem Wetter leicht Speichelfluss erzeugen soll, was 
freilich noch des strieten Beweises bedarf. 
$. 48. Von den innern Umständen, welche als Bedingungen der 
Giftwirkungen zu betrachten- sind, nimmt das Lebensalter der Indivi- 
duen, welche das Gift erhalten, sicher die erste Stelle ein. So ist be- 
kannt, dass eine Dose von Opium oder Alkohol, welche bei Erwachsenen 
nur excitirende Wirkungen erzeugt, einen Säugling in völlige Narkose und 
Lebensgefahr versetzen kann. So ist erwiesen, dass eine Dose von Brech- 
weinstein, welche -bei kräftigen Männern kaum Vomituration und leichtes 
Erbrechen veranlasst, bei einem Kinde, wie bei einem Greise zu Tod 
führendes Erbrechen verursachen kann. So ist erwiesen, dass eine Dose 
von Digitalin, welche bei einem kräftigen Manne nur den Herzschlag sel- 
tener macht, bei einem Greise, wie bei einem Kinde eine tödtliche Ver- 
giftung herbeizuführen vermag. „Man begreift diese Thatsachen und Ver- 
hältnisse, wenn man bedenkt, dass der Körper mit dem Alter und bis zu 
einem gewissen Alter an Masse, Umfang und Kraft gewinnt, und dass die 
Eigenheiten aller Gewebe, Organe und Säfte von Alterstufe zu Alterstufe 
sich umändern. So nimmt, um nur ein Beispiel anzuführen, das Gehirn 
mit dem Lebensalter nicht nur an Umfang und Masse zu, sondern es än- 
dert auch seine chemische Constitution, wie erst noch neulich durch 
Schlossberger und v. Bibra bewiesen wurde. So nimmt, um ein 
anderes Beispiel anzuführen mit dem Lebensalter das Herz nicht nur an 
Kraft, Masse und Umfang zu, sondern ändert auch seine chemische CGon- 
stitulion, wie aus mehrfachen Untersuchungen hervorgeht. So ist es denn 
kein Wunder, wenn die Lebensalter auf die Wirkungen der Gifte bestim- 
mend einwirken. Und in der That zeigt sich diese Einwirkung in der Art, 
dass von gleichen Dosen von Gift der ältere und kräfligere Organismus 
weniger afficirt wird, als der jugendliche, oder der in seniler Rückbildung 
 
	        
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