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390 Virchow, Zoonosen.
der auf die Blutmasse zurückwirkt. Die Vergrösserung an sich muss al-
lerdings wohl auf eine Lähmung der Milzmusculatur bezogen werden, denn
nachdem es mir gelungen ist, an einem Hingerichteten die Milz zur Con-
iraclion zu bringen (Würzb. Verh. Bd. V. Heft 1), kann an der Möglichkeit
einer Lähmung nicht mehr gezweifelt werden. Fälle, in denen der Con-
taet der Milz vorzugsweise schädlich wirkte, hat Heusinger ($. 412) ge-
sammelt.
Auch die Leber ist in der Mehrzahl der Fälle sehr bedeutend er-
krankt: gross, brüchig, blutreich; ebenso dieLungen und die Nieren.
$. 47. Die weiteren Wirkungen des veränderten Zustandes des Blu-
tes äussern sich in mannichfachen Störungen der localen Circula-
tion und der Ernährung, wie wir sie im Allgemeinen schon in früh-
ern Abschnilten (II. $. 130, 5, a. $. 131. III. 8.14, 5. d. 8. 15, 4. 8. 21, 3)
geschildert haben. Ueberall im ganzen Körper finden sich die Venen
stark gefüllt mit dunklem, schwärzlichem Blute, insbesondere stark ausser
den schon erwähnten Organen am Darm, der Haut und dem Unterhaut-
gewebe, dem Netze und Gekröse, den Drüsen des Iymphatischen Systems
und den Knochen. Daneben zeigen sich an vielen Stellen Ekchymosen ver-
schiedener Grösse und Ausdehnung, aber was für die Besonderheit der Af-
fection besonders charakteristisch ist, auch andere Producte mehr exsudativer
Natur, welche den localen Vorgängen mehr den Charakter der Reizung geben.
Unter diesen ist seit langer Zeit die gelbe Sulze (Humor anthracicus) als
pathognomonisch bezeichnet worden: eine eigenihümliche, mehr oder we-
niger intensiv gelb gefärbte, gallertarlige Masse, welche sich sowohl in
den Höhlen des Körpers, als in dem Inneren der Purenchyme, nament-
lich in den Anthraxbeulen vorfindet. Es ist diess bald eine zerfallende
seröse Flüssigkeit, bald eine lockere, serumreiche Faserstoffmasse, deren
Farbstoff bis jetzt nicht genau studirt ist. Der Vorgang gewinnt da-
durch eine grosse Analogie mit der entzündlichen Wasser-
sucht (Abschn. I. $. 48) und dem Erysipel. Dass diese Analogie
nicht bloss eine oberflächliche ist, geht am besten daraus hervor, dass
man schon seit langer Zeit besondere rothlaufartige Formen des
Milzbrandes (Erysipelas carbunculosum) unterscheidet, in denen das
Erysipel den Anthraxbeulen parallel steht.
Diese gelbe Sulze ist es nun, welche in dem besonderen Geruche
der Contagiosität steht und auch insofern ihre Uebereinstimmung mit den
erysipelatösen Producten bewährt. "Greve sagt ausdrücklich: „Fürchter-
lich wirkte das noch warme, gelbe, jauchige und stinkige Wasser in der
Bauchhöhle des krepirten Viehes. Alle Hunde, die davon aufleckien, kre-
pirten auf der Stelle.“ Greve spritzte einige Tropfen dieser warmen Jauche
in das Auge einer Taube, welche 3 Stunden nachher todt war; ebenso
eine Ente, welcher er einen Theelöffel voll davon in den Hals goss. Ei-
nem Pferde spritzte zufällig ein wenig davon an die Brust, und obgleich
die Stelle sogleich gereinigt wurde, so halle sich doch schon nach 6
Stunden ein fausigrosser Carbunkel gebildet, der am folgenden Tage den
Umfang einer grossen zinnernen Schüssel erreicht hatte und lebensgefähr-
lich war.
Endlich haftet an diesen Exsudaten besonders die Neigung zu septi-
scher Zersetzung, denn sie liefern sowohl das Material zu einfachen
Brandheerden, als auch zu dem brandigen Emphysem.
$. 48. Die Phänomenologie des Milzbrandes seizt sich wesentlich
zusammen aus den durch dieEinwirkung der Malaria und des Anthraxgif-