454 Simon, Syphilis.
weil sie sich in der Regel mit dem Quecksilber schlecht verlragen' und
die anderen milderen Heil Imittel und Heilmethoden nur palliativ wirken.
&. 49. Ein überall giltiges Kriterium der gründlichen Heilung be-
sitzen wir nicht. Caeteris paribus gewähren freilich die Heilmethoden,
welehe mit bedeulenden Se- und Excretlionen verbunden sind, die beste
Prognose in Bezug auf gründliche Heilung; unsicher und unzuverlässig
sind dagegen alle die Hei Imeihoden, welche sich mit der Tilgung der
sichtlichen Symptome begnügen, namentlich die sog. Extlinktionskuren. Es
ist, wie auch Rust und Schönlein meinen, als ein günsliges Zeichen
zu betrachten, wenn nach überstandener Kur die Kranken sich schnell
erholen und an Fieisch und Kräften zunehmen, aber mit Sicherheit kann
man daraus doch nicht auf völlige Abtödtung der Seuche schliessen: Re-
cidive sind trotzdem möglich, wie uns, leider, eine vieljährige Erfahrung
gelehrt hat. Dass Eisen, Schwefel, Phosphor, Kochsalz Reagenlien für
die latente Seuche seien, die bei deren Gebrauch wieder hervorbreche,
ist nicht maassgebend. Das sicherste Kriterium gründlich getilgter Seuche
bleibt die Zeit. Wenn nach methodischer Behandlung — was wir dar-
unter verstehen, wird späterhin erörtert werden — in Jahr und Tag die
Gesundheit ungestört bleibt und kein Recidiv erfolgt, so kann man dem
Pat. eine günstige Prognose stellen und ihn — unbequeme Ausnahmen
kommen vor — für gründlich geheilt erachten. Diesen Termin kann man
wenigstens für gewöhnlich als genügend bestimmen, wenn es sich z. B.
darum handelt, ob und wann ein mit Syphilis behaftet gewesenes Indivi-
duum heirathen darf,
Behandlung der Syphilis im Allgemeinen,
I. Prophylaxis.
$. 50. Es giebt eine allgemeine und eine specielle oder in-
dividuelle Der Zweck der allg emeinen Prophylaxis ist der, die
Krankheit, als eine für die menschliehe Gesellschaft verderbliche und ge-
fährliche Rache überhaupt zu beschränken und die Quellen derselben
möglichst zu beseiligen. Dieser Zweck wird in grossen ‘Städten, wo der
Haup tsitz der Ven ‚us vulgivaga ist, durch eine strenge Sanitätspolizei we-
nigste ns einigermaassen erreicht; durch genaue Ueberwachung nicht allein
der öffentlichen Mädchen, sondern auch der grösseren Zahl derjenigen,
lee das horizontale Handwerk heimlich treiben. Ferner durch häufige
Untersuchung des Gesundheitszustandes der Mädchen. Auch die Männer,
welche sie besuche Du ZU ist ein nicht durchführbarer Vor-
schlag, obgleich es Sew iss gut wäre, wenn Handwerksgesellen, Arbeiter,
Matrosen, gleich den Sol ler 1, regelmässig ärztlich untersucht würden.
Eine frühzeilige Behandlı ‚ der syphil liiischen Zufälle, Belehrung über
die schlimmen Folgen der Vernachlässigung, humane Behandlung "der In-
icirten, erleichterte ärz! he lülfe für die Bedürfigen sind weitere Maass-
regeln, en welche die Verbreitung und Bösarligkeit wesentlich be-
schränkt werden kann. Der Nutzen geduldeter Bordelle ist allerdings
zweife Ihalt. so lange, bei unseren socialen Verhältnissen, die Unterdrük-
kung der he ‚imlichen I ’roslilulion ein frommer Wunsch bl eiben wird.
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$. 51. Die specielle oder individuelleProphylaxis bezieht
sich auf die Vorsichismaassregeln, wodurch sich der einzelne Mensch
vor der Gefahr und Wirkung der Ansteckung schützen kann. Die beste
Prophylaxis besteht hier darin, die verdächtigen und giftigen Quellen der
Ansteckung zu meiden; alle anderen Schutzmittel sind problematisch und