468 Simon, Syphilis.
braucht, als die kräftigste bewährt. Sie stammt von den arabischen Aerz-
ten her und ihre Nachfolger die Arabisten bedienten sich der sog. Sara-
cenensalbe häufig gegen den räudigen Aussatz. Diese Salbe war stark
mit Blei versetzt. Mit dieser verhältnissmässig noch einfachen Composi-
tion begnügten sich die Empiriker aber nicht, sondern sie suchten Alles
darin zu verbinden, was je gegen die leprösen und krätzigen Ausschläge
versucht worden war: Alaun, Zink, Fichtenharz, Mastix, Olibanum, Schwe-
fel u. s. w. Mit diesem Salbengemengsel wurde der ganze Körper ein-
auch zweimal täglich eingerieben und dadurch. oft in acht Tagen der
Ausschlag beseitigt, aber gewöhnlich zum grössten Unheil des Kranken,
der dann nicht selten von den fürchterlichsten Knochenschmerzen, Läh-
mung, zerstörenden Hals- und Nasengeschwüren befallen wurde. Dann
kamen die Schwitz- und Speichelkuren der Wundärzte und Bader in heis-
sen Badstuben, die ebenfalls mit regellosen Inunetionen, unmethodisch,
unvorsichtig und grausam geleitet wurden. Vorsichtiger gingen freilich
die Aerzte und Wundärzte ex professo zu Werke, welche sich mit den
Inunctionen befassten, aber die erste Wuth der Krankheit möchte wohl
oft der legitimsten Einreibungskur getrotzt haben, und diese konnte erst
dureh lange Erfahrung und Routine erlernt werden. Eine ziemlich metho-
disch modifieirte Einreibungskur finden wir beim schon erwähnten Alme-
nar (1502); er interponirte Abführungen zwischen die Einreibungen, die
er drei Tage hintereinander des Abends vor dem Schlafengehen anordnete.
Den Cyklus von Abführungen und dreitägigen Einreibungen liess er, nach
Umständen, mehrmals wiederholen. Man kann hierin die erste Grundlage
der später von Petit und Fabre angegebenen, dann vonLouvrier und
Rust modifieirten Einreibungskur erblicken. Almenar suchte durch die
zwischengeschobenen Abführungen den Angriff des Metalls auf den Mund
zu mässigen und hat auch schon eine dreitägige Vorbereitungskur. —
Die gewöhnlichere Einreibungskur, die man als Grundlage der späteren
Astrue’schen betrachten kann, wurde nach Fracastori (1521) in unge-
fähr zehn Tagen absolvirt. Man liess, je nach der Wirkung des Metalls
auf den Mund, täglich oder mit Zwischenpausen einreiben. Bei dieser
Methode ging man auf Speichelfluss aus, den man als kritisch betrach-
tete. Eine ziemlich genaue Vorschrift zur Einreibungskur gibt Hieron.
Mercurialis. Er bestimmt die Quantität des zu jeder Einreibung erfor-
derlichen Metalls auf höchstens zwei Drachmen, und die Kur soll 9, 12
bis 15 Tage dauern. Man reibt z. B. drei Tage hintereinander ein, setzt
dann ein oder zwei Tage aus, reibt dann wieder drei Tage ein, und
setzt wieder ein oder zwei Tage aus u. S. w.
. 79. Die Einreibungskur war nun zwar die gewöhnlichste Me-
thode im 16. Jahrh.; wir finden aber auch schon sehr früh Spuren des
innerlichen Quecksilber-Gebrauchs, wozu man sich zuerst hauptsächlich
des gegen die Pest gebräuchlichen rothen Präeipitats bediente. Schon de
Vigo und Benedict, später Nie. Massa und Mathiolus verordne-
ten ihn. Letzterer empfiehlt den sog. Mere. praec. rubr. probe edulcora-
tum zu fünf bis zehn Gran sowohl gegen die Lustseuche als gegen viele
andere Krankheiten. Aus dem „probe edulcoratum‘“ und der starken Do-
sis muss man aber schliessen, dass er nicht so ätzend wirkte als der
rothe Präcipität, wie er jetzt zubereitet wird, und mit dem man kaum
allmählich ‘bis zu zwei Gran pro dosi"täglich steigen kann. Dann kamen
gegen die Mitte des 16. Jahrh. die Pillen des Piraten Barbarossa in Ge-
brauch, die wahrscheinlich auch aus dem Orient stammen, denn er hatte
sie von einem jüdischen Arzte kennen gelernt. Sie bestanden aus rohem