Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

Quecksilber-Behandlung. 469 
  
  
m Quecksilber, was mit Rhabarber, Diagridium, Moschus, Ambra und Wai- 
‚ar zenmehl zur Pillenmasse geformt wurde. Diese Pillen, die man auch mit 
uk Mehl und Terpenthin bereitete, blieben lange in Gebrauch und kamen ge- 
2 gen Ende des 17. Jahrh. unter dem Namen der Belloste’schen Pillen 
les wieder in Ruf. Obgleich also eigentlich der innere Gebrauch des reinen 
or oxydulirten Quecksilbers sehr alt ist, so machte doch Plenk (1766) die 
en Methode, die Lustseuche mit dem Merc. gumm. zu heilen, als eine neue 
ai bekannt*). Sie fand Nachahmung in England, Frankreich und Schweden. 
ler In England hat sich dieses Quecksilber Präparat unter dem Namen der 
an sog. blauen Pillen (blue pills) erhalten, die dort fast missbräuchlicherweise 
e zu einem Volksmittel geworden sind. 
Er &. 80. Ein gefährliches Mittel, dessen sich die Empiriker auch sehr 
ch, früh bedienten, waren die Zinnoberräucherungen, gegen welche schon 
ch (1508) Benedict eiferte. Fracastori nennt sie „acerbissimum medica- 
en mentum,“ was man nur auf einzelne Theile, Arme und Beine anwenden 
hl solle. Man bediente sich zu den Räucherungen des mit Speichel oder 
rst | Terpenthin oxydulirten Quecksilbers oder auch des Zinnobers, dem man 
Au allerhand ölige oder harzige Substanzen. zusetzte. Die Kranken wurden 
En in eine Art Himmelbeit oder Zelt gestellt oder gesetzt, so dass nur der 
die Kopf frei war; dann wurden sie den Dämpfen von Räucherkerzen oder 
te. Kugeln, die auf eine mit glühenden Kohlen gefüllte Pfanne geworfen wUr- 
‚ch den, ausgesetzt, bis sie in Schweiss geriethen, den man durch warme 
156 Bedeckung unterhielt. Diese Procedur wie erholte man mehrere Tage, 
nd bis der Speichelfluss ausbrach, der nach diesen Räucherungen_ oft sehr 
die heftig wurde, ohne deswegen immer heilkräftig zu wirken. Sehr nach- 
nd theilig wirkten die Quecksilberdämpfe aber oft auf die Lungen, besonders 
ErN wenn sie eingeathmet wurden, und ausserdem gaben sie zu Lähmung 
‚en und Gliederzittern Anlass. Es hat uns daher sehr gewundert, dass Ri- 
3er cord sagt, man solle von der Anwendung des Quecksilbers durch die 
ls Luftwege mehr Nutzen ziehen als bisher. Es scheint kaum, dass er aus 
ser eigener Erfahrung ihren Schaden und Nutzen kennen gelernt hat. Nütz- 
h- lich können nur, wie schon Fracastori bemerkt hat, die Mereurial- 
In. Räucherungen einzelner Theile sein. In diesem Sinne und zu diesem 
Pr Behufe empfiehlt sie auch noch CGolles in der neuesten Zeit. 
‚\zi $. 81. Endlich bediente man sich noch einer sehr unzweckmässigen 
nd Methode. nämlich den ganzen Körper mit Mere. Pflaster zu bedecken, um 
auf diese Weise den Körper von der syphilitischen Infeetion zu befreien. 
Es ist begreiflich, dass dadurch oft eine ebenso heftige als unnütze Haul- 
Ie- reizung entstehen musste, ohne dass der Kranke von seinem Uebel be- 
les freit wurde. Anlass zu diesem Missbrauch hat wahrscheinlich die Erfah- 
ich rung gegeben, dass Geschwülste, Tophen, Knoten, Exostosen manchmal 
de durch Merc. Pflaster zertheilt werden. 
1e- 
ra- $. 82. Das waren im 16. Jahrh. die gewöhnlichsten Methoden des 
ele Quecksilber-Gebrauchs, die mehr oder weniger mit Speichelfluss verbun- 
)o- den waren. Im 17. Jahrh. kamen durch die mehr eultivirte Chemie viele 
ler neue Quecksilber-Präparate hinzu, unter denen Calomel, Sublimat, weisser 
um Präeipitat die wichtigsten waren. Boerhaave’s Methode bestand z. B. 
en 
je- FR a 
‚tie *) Methodus nova, tula et facilis, argentum vivum aegris venerea labe infectis, exhi- 
em bendi. Vindobon. 1766. 
 
	        
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