500 Simon, Syphilis.
Complex der weiblichen Geschlechtstheile, Scheide, Schamlippen, Clito-
ris, Harnröhre ergriffen, sind die Schmerzen oft so heflig, dass die Kran-
ken weder gehen noch sitzen können und jede Bewegung des Körpers
ihnen lästig fällt. Das Secret ist in dieser Periode gelbgrün, dick, eiter-
schleimig und oft so profus, dass es zwischen den Schamleizen hervor-
quillt und diese verklebt. Bei starker Entzündung findet man auch Exco-
riationen in der Scheide, an den Nymphen, den Schamlippen und der
Clitoris; von der damit verbundenen Schärfe des Ausflusses werden die
äusseren Geschlechtstheile, die innere Schenkelfläche, der Damm bis nach
dem After hin entzündet, excoriürt und schmerzhaft. In solchen Fällen
bilden sich auch häufig Erytheme, Eezeme und besonders Condylome in-
nerhalb und ausserhalb der Geschlechtstheile, an der inneren Seite der
Schenkel und am After, die, den virulenten weiblichen Tripper überhaupt
häufig begleiten. Untersucht man die Vagina mit dem Speculum, was,
wenn die Untersuchung nicht zu viel Schmerz verursacht, nicht unterlas-
sen werden darf, so findet man bisweilen auch Excoriationen und kleine
Geschwüre an der Vaginalportion des Uterus und am Muttermunde selbst,
ohne dass diese gerade wirkliche Schanker zu sein brauchen. Ohne Zwei-
fe] pflanzt sich der virulente Tripper auch manchmal auf die innere Flä-
che des Uterus und selbst auf die Ovarien fort, woraus hartnäckiger Ute-
rinkatarrh und selbst, wie auch Baume&s meint, krebsige Entartung des
Uterus entstehen kann. Das Alles geschieht jedoch nur in selteneren,
schlimmen Fällen. Gewöhnlich geht das acute Stadium, von mässiger Ent-
zündung und schleimeitrigem Ausflusse begleitet, nach 14 Tagen bis 3 Wo-
chen, in das chronische Stadium über, wo nur ein schmerzloser, schlei-
miger Ausfluss zurückbleibt, der aber oft sehr hartnäckig ist und gerne
bei jeder Erkältung oder durch den Reiz des Coitus Reeidive macht. Die
Contagiosität dieses chronischen Secrets ist, aus begreiflichen Gründen,
noch bedeutender und länger dauernd als beim männlichen Geschlecht.
Daher kommt es, dass Frauen, die einmal am virulenten Tripper gelitten,
jahrelang für jeden Mann gefährlich werden, der mit ihnen in geschlecht-
liche Berührung kommt. Daher auch die Fälle, dass der Mann oder Lieb-
haber einer solchen Frau, der gewöhnlich mit ihr Umgang hat, unange-
steckt bleibt, während ein Anderer, der nicht an sie gewöhnt ist, wenn
er mit ihr in Berührung kommt, angesteckt wird. Wir bemerken das,
weil solche Fälle oft zu Streitfragen in der Praxis Anlass geben, die sich
in der Regel nicht klar und genügend beantworten lassen.
SITZ UND ANATOMISCHE 'CHARAKTERE DES TRIPPERS BEI BEIDEN
GESCHLECHTERN.
$. 134. Bekannt ist, dass die älteren Aerzte den Tripper beim männ-
lichen Geschlecht aus einer Affecetion der Prostata und der Samenbläschen
erklärten, und den Ausfluss für verdorbenen Samen hielten; daher auch
der Name Gonorrhoea. Andere leiteten ihn von Geschwüren in der Harn-
röhre her, wie Mayerne, oder auch, wie Bunworth, von Entzündung
und Geschwüren in den Nieren. Morgagni, Hunter, Louvrier, Lis-
frane erkannten den wahren Sitz des Trippers und seine wahre Natur
durch häufige Seclionen von Leichen solcher Individuen, die am Tripper
gelitten. Dadurch stellte sich heraus, dass der ursprüngliche und Haupt-
sitz des Trippers die Fossa navicularis ist und der unmittelbar hinter der
Eichel gelegene Theil der Harnröhre, dass die Entzündung sich aber auch
über die tieferen Theile der Harnröhre, bis an den Bulbus, die Pars mem-
branacea und selbst bis zum Collum vesicae hin verbreitet. Damit stim-
men auch die Erscheinungen im Leben vollkommen überein. Der erste