Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
  
550 Simon, Syphilis. 
Spitälern hinsichtlich der Heilung eine sehr schlechte Prognose. Dass die 
Constitution, das Alter: des Kranken, seine Lebensweise und andere Um- 
stände von nicht unwesentlichem Einflusse auf den Verlauf des Bubo sind, 
ist begreiflich; namentlich verzögert ein scrophulöser Habitus, abgesehen 
davon, dass er die Bildung atonischer Bubonen begünstigt, auch ihre 
Heilung. 
BEHANDLUNG. 
$. 259. Prophylaktische. Es ist keine Frage, dass man durch 
Beobachtung körperliche Ruhe, horizontale Lage, durch angemessene 
Behandlung der Genitalgeschwüre, besonders durch Meidung reizender 
örtlicher Mittel der Bildung des Bubo vorbeugen, ja, dass der schon ge- 
bildete durch Beobachtung der erwähnten Cautelen wieder rückgängig ge- 
macht werden kann. Nur lassen sich in der Privatpraxis gerade die so 
nothwendigen Cautelen, Schonung, Ruhe und horizontale Lage am wenig- 
sten in Anwendung bringen, weil die Patienten sich weder dazu bequemen 
können, noch wollen; gewöhnlich nicht eher, als wenn der Bubo schon 
vorhanden ist und ihnen die körperliche Bewegung zu schmerzhaft oder 
ganz unmöglich wird. Dann aber bleibt die Rückbildung des Bubo meist 
ein frommer Wunsch, und er nimmt trotz und bei jeder Behandlung sei- 
nen natürlichen Verlauf, der in den meisten Fällen mit Vereiterung endet. 
Das müssen selbst diejenigen einräumen, welche jeden Bubo wo möglich 
zertheilt haben wollen. 
$. 260. Ueber die therapeutische Behandlung des zu Stande 
gekommenen Bubo sind die Ansichten der Aerzte von jeher getheilt und 
widersprechend gewesen. Im 16. Jahrhundert sprachen sich die meisten 
Aerzte für die Vereiterung des Bubo als einen günstigen, gewissermaassen 
kritischen Ausgang aus. Sie betrachteten die Eiterung als eine Entledigung 
des Körpers vom Lustseuchestoff, und suchten sie daher durch eine im 
Ganzen zweckmässige Behandlung eher zu fördern als zu verhülten. 
Diese Ansicht von der wünschenswerthen Vereiterung des Bubo hat sich 
bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts vorherrschend erhalten und würde es 
gewiss geblieben sein, wenn sich nicht aus der allgemein richtigen Ansicht 
Missbräuche in die Behandlung eingeschlichen hätten. Man suchte näm- 
lich den für heilsam erachteten Ausgang häufig zu erzwingen, uneinge- 
denk, dass der Arzt die Natur in ihren Bestrebungen nur unterstützen, 
nicht aber ihr den Weg vorschreiben kann. Der gelehrte Astruc war 
es zunächst, der im 18. Jahrhundert die Zertheilung der Bubonen für den 
günstigsten Ausgang hielt und ihn desswegen durch äussere und innere Mittel 
möglichst zu fördern suchte. Nach ihm Hunter, Swediaur, B. Bell, Gir- 
tanner, Vetter, Clossius und überhaupt fast die meisten Schriftsteller, 
welche Ende des vorigen und Anfangs dieses Jahrhunderts über Syphilis ge- 
schrieben. Verhältnissmässig nur wenige, aber gewichtige, Namen, wie Fabre, 
Louvrier, Metzger, Rust, haben sich für die Vereiterung als den 
günstigsten Ausgang ausgesprochen oder wenigstens vor den meist ver- 
geblichen Zertheilungsversuchen, als schädlich gewarnt. Die ganze neuere 
Schule deulischer, französischer und englischer Aerzte, mit dem gefeierten 
Ricord an der Spitze, wollen jeden Bubo wo möglich zertheilt haben 
und bedienen sich dazu der kräfligsten örtlichen und allgemeinen Mittel. 
$. 261. So wie auf den Tripper und Schanker, will Ricord auch 
auf denBubo die sogenannte abortive Methode angewendet haben. Diese 
besteht, abgesehen von Ruhe, horizontalerLage und reizloser Diät, in Pur-
	        
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