Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
  
396 Simon, Syphilis. 
Nymphen, bisweilen selbst hoch in der Vagina, am Mutterhalse; an der 
inneren Vorhaut beim Manne. Endlich gibt es noch eine Art kleiner Ex- 
crescenzen, die Fricke als grützkornartig, Esterle als steckna- 
delknopfförmige bezeichnet. Diese findet man häufig am Eichelkranze 
bei Männern, bei Frauen an der innern Fläche der grossen und auf beiden 
Flächen der kleinen Schamlefzen. 
$. 276. Je gefäss- und nervenreicher das Gewebe ist, aus dem die 
Condylome entspringen, desto hartnäckiger und desto schwerer sind sie 
gründlich zu tilgen. Die Oberfläche der feuchten Condylome ist schleim- 
hautähnlich und sondert einen übelriechenden, scharfen Eiterschleim ab, 
welcher die zunächst liegenden Hautstellen infieirt und neue Condylome 
erzeugt. Das sehen wir besonders an der inneren Vorhaut, am After, an 
den Schamlefzen, wo sie deswegen oft auf eine enisetzliche Weise wu- 
chern, die genannten Theile ganz unwegsam machen und verschliessen. 
Bisweilen werden die feuchten Condylome vermöge ihres scharfen Secrets 
auch rissig und geschwürig; das geschieht besonders am After herum, 
wo sich dann die sog. Rhagaden bilden, die „Culs rogneux,* die schon 
im Mittelalter so anrüchig waren. Dasselbe geschielt auch, wenn die 
Condylome auf vertrockneten Hämorrhoidalknoten sitzen, woraus manche 
sog. Hämorrhoidalgeschwüre entspringen. 
$. 277. Die feuchten Condylome, die hauptsächlich an bedeckten 
Haut- und Schleimhauistellen vorkommen, sind hochroth, empfindlich und 
bluten leicht bei ‚unsanfter Berührung. Die auf freien Hautstellen sitzen, 
sind meist blasser, hart und wenig empfindlich. Wärme, Feuchtigkeit, Un- 
reinlichkeit, Reibung befördern die Wucherung der Condylome; darum 
sind die Hautstellen, wo diese Momente am meisten zusammentreffen, der 
fruchtbarste Boden für diese Exerescenzen. Darum leiden auch im Gan- 
zen die Frauen viel häufiger an Condylomen als Männer; am stärksten 
oft schwangere Frauen, wo sie vermöge des starken Blutandrangs nach 
den inneren Genitalien manchmal ungeheuer emporwuchern. 
$. 278. In der Regel sind die Condylome unbezweifelt ein Product 
des Trippers und des Schankers; aber sie kommen eben so gewiss auch 
primitiv vor, ohne Vorgang der genannten primären Symptome, obgleich 
Ricord das durchaus nicht zugeben will. Nach ihm sind sie überall nur 
secundäre Erscheinungen und sollen deswegen auch nicht ansteckend sein. 
Schon die Geschichte widerlegt diese Ansicht und lehrt, dass primitive 
Condylome an den Genitalien und am After herum von jeher vorgekom- 
men sind. Man kann höchstens darüber streiten, ob die primitiven Con- 
dylome echt syphilitischer Natur sind, oder ob ihnen nicht vielmehr ein 
hybrides Contagium zu Grunde liegt; aber dass sie als primitives Symp- 
tom erscheinen und ansteckend sind, darüber sind wohl die meisten, der 
Syphilis kundigen, Aerzte einig. Wallace, Baum£&s, Reynaud, Wal- 
ler, Vidal u. A. bestätigen es, dass der Schleimtuberkel sich so wie der 
Schanker durch Ansteckung fortpflanzt, ja selbst durch Impfung, und wie- 
derum Condylome erzeugt. 
$. 279. Die Condylome, als primitive Symptome oder im Gefolge 
des Trippers und Schankers beschränken sich gewöhnlich auf die Genita- 
lien und ihre nächste Umgegend; als Symptome der secundären Seuche 
kommen sie indess auch an anderen Stellen vor: hauptsächlich an der 
Zunge, an den Lippen, in den Mundwinkeln, am Kinn, im Gesichte, auf 
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