Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

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S. 415 —27. 
Oertliche und entfernte Giftwirkung. 43 
rend mitunter die geringste Fissur oder die kleinste Excoriation der Haut 
zureicht, die genannten Gifte in Wirksamkeit treten zu lassen. 
$. 84. Erhellt aus den vorhergehenden $$, dass die Gifte unter 
günstigen Bedingungen an den Applikationsstellen untergehen, um durch 
Vermittelung des Blutes zu den fernen Organen zu gelangen, so ist jetzt 
dieFrage zu erledigen, was aus dem Conflicte der Gifte mit „den fernen 
Organen resultirt, oder mit andern Worten die Frage zu erledigen, durch 
welche Einzelvorgänge die constitulionellen Wirkungen der Gifte zu Stande 
kommen. Um diese Frage von grösster Wichtigkeit mit aller Umsicht zu 
beantworten, ist es nothwendig zunächst das Blut und sodann die einzel- 
nen Organe oder Organensysteme zu mustern. 
$. 85. Was zunächst das Blut betrifft, so wird dasselbe nach der 
Aufnahme von Gift immer dyskrasisch und bleibt wenigstens so lange 
dyskrasisch, bis die Materia peccans, das aufgenommene Gift entweder 
durch Zersetzung untergegangen, oder durch eine Ausscheidung in die 
Organe, oder nach aussen völlig beseitigt ist. Auf die vorhandenen Be- 
standtheile des Blutes kann das aufgenommene Gift ohne allen und jeden 
Einfluss bleiben, aber auch dergestalt wirken, dass die physikalischen, 
chemischen oder morphologischen Verhältnisse des Blutes und seiner Be- 
standtheile mehr, oder weniger alterirt werden. Im letzteren Falle ent- 
steht eine toxische Kakochymie, die nicht selten mit anderen Störungen 
vergesellschaftet ist. So kann z. B. nach der Aufnahme von Arsenikwas- 
serstoffgas, wie Vogel und Bischoff zeigten, die Summe der Blutzel- 
len durch übermässige Zerstörung derselben bedeutend vermindert wer- 
den, so dass der Gehalt des Blutes an Cruor mehr oder weniger bedeu- 
tend sinkt. So kann ferner nach der Aufnahme von Chlor, Kohlenoxyd- 
gas, Kohlensäure, Kohlenwasserstoffgas, Schwefelwasserstofigas und an- 
deren giftigen Miasmen das Blut in allen Eigenschaften grössere oder ge- 
ringere Veränderungen erleiden, so dass eine primäre Anämie oder Chlo- 
rose entsteht, wie man bei Bergleuten und Technikern, so wie bei den 
Bewohnern malariareicher Gegenden beobachtet hat. So vermögen wei- 
ter diein das Blut aufgenommenen metallischen Gifte als Quecksilber, Kupfer, 
Blei, Arsenik, mögen sie durch die Lungen oder durch den Magen oder durch 
die Haut aufgenommen sein, die physikalischen, chemischen und morphologi- 
schen Verhältnisse des Blutes dergestalt zu alteriren, dass eine ausgebildete 
Chlorose erwächst. Aber auch septische Zersetzung, wahrhafte Dissolution 
des Blutes kann durch Beimengung von Ammoniakalien, von fermentartig 
oder katalytisch wirkenden Giften entstehen, wie man sowohl nach derIn- 
fusion von putriden Stoffen, als bei den öfters vorkommenden typhösen, 
pyämischen und exanthematischen Processen beobachtet. Weiter können 
die durch Infusion in das Blut gebrachten Säuren und metallischen Gifte 
Coagulationen und andere Veränderungen in den albuminösen und häma- 
toglobulösen Bestandtheilen des Blutes zu Wege bringen, was zu Obstruk- 
tion und anderer örtlicher Störung des Kreislaufs zu führen vermag. 
$. 86. Indem das vergiftete Blut seine Bahnen durchsetzt und mit 
den Wandungen der Gefässe in Berührung tritt, bleiben letztere entwe- 
der ganz unverändert, oder sie ändern, was häufiger der Fall ist, mehr 
oder weniger bedeutend ihren Zustand. Im letzteren Falle erwachsen Stö- 
rungen in der Funktion, oder in der Ernährung der Gefässe, welche wieder 
von Störungen des Kreislaufs und des Blutes begleitet sind. Durch welche 
Einzelvorgänge dieses alles geschieht ist bereits in dem ersten Bande dieses 
Werkes beleuchtet worden, weshalb wir hier über eine besondere Aus- 
 
	        
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