Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
582 Simon, Syphilis. 
nen Kindern nicht zu fürchten; eher Intoxieation. Darum muss man sich 
begnügen mit dem Verschwinden der sichtlichen Symptome und abwarten, 
ob sie wiederkehren und ob das Kind an Fleisch und Kräften zunimmt. 
Köchlin’s Kupfertinktur haben wir nicht versucht, zweifeln auch, ob der 
Magen der Säuglinge, namentlich in den ersten Lebensmonaten, sich gut 
damit verträgt. Sind Mund-, Lippen- und Hautgeschwüre vorhanden, so 
müssen diese besonders berücksichtigt werden, namentlich die letzteren; 
denn bei den ersteren ist die Anwendung starkwirkender und kaustischer 
örtlicher Mittel nicht immer thunlich und man kann sich nur milderer 
Pinselsäfte bedienen. Die Aqua nigra, phaged., Wasser und Salben mit 
Aerugo und Opium versetzt, pflegen sehr wotılthätig auf die schmerzhaf- 
ten Hautgeschwüre zu wirken. Sublimatbäder, wenn man sie gegen die 
Hautausschläge gebrauchen will, dürfen nur schwach sein; höchstens 3 
bis 10 Gran Sublimat auf ein Bad. Ist schon bedeutender Durchfall vor- 
handen, und hat das Kind schon das greisenähnliche Gesicht, dann sieht 
es um die Erhaltung des Lebens schlimm aus und man muss mit den 
Mercurial-Mitteln sehr vorsichlig sein. Der Vorschlag Rosenstein’s 
und anderer Aerzte, Ziegen mit Quecksilbersalbe einzureiben und die Kin- 
der mit deren Milch zu nähren, ist unpraktisch, weil das Thier die Ein- 
reibungen nicht lange verträgt, krank wird und nicht frisst. Noch unthun- 
licher und gefährlicher sind die Zinnoberräucherungen , welche einst die 
Pariser Facultät bei Kindern als besonders probat empfohlen hat: 
Syphilis der Schwangern. 
$. 353. Diese kann nicht sowohl in pathologischer als in therapeu- 
tischer Hinsicht besonders zur Sprache kommen. Es sind nämlich die 
Meinungen darüber getheilt, ob man eine syphilitische Schwangere einer 
Quecksilber-Kur unterwerfen dürfe oder nicht. Viele Aerzie in neuerer 
Zeit haben sich dagegen erklärt, weil durch den Quecksilber-Gebrauch 
der schwangeren Mutter leicht die Frucht getödtet und Abortus befördert 
werde Bonorden, Mauriceau, Dubois halten das Quecksilber nur 
in den ersten Monaten der Schwangerschaft für anwendbar, widerrathen 
es aber für die letzten Monate. Da aber Schwangere, die an irgend be- 
deutender syphilitischer Dyskrasie leiden, doch in der Regel in den leiz- 
ten Monaten der Schwangerschaft abortiren, so ist die Schwangerschaft 
überhaupt keine Contraindication, da vielmehr durch eine zweckmässige 
antisyphilitische Behandlung der schwangeren Mutter das Leben der Frucht 
erhalten wird. Nur wenn die Entbindung sehr nahe sein sollte, möchte 
es zweckmässiger sein, einstweilen nur palliatiiv zu verfahren und eine 
gründliche Behandlung erst nach überstandenem Wochenbeit vorzuneh- 
men. Dass das Quecksilber auf die Frucht nachtheilig wirke, ist nur in 
so fern gegründet, als es vielleicht die Vegetation des Fölus etwas ver- 
kümmert, wogegen die Syphilis selbst das Leben desselben zerstört. 
Statt des Quecksilbers Sarsaparilla-Decocte oder Jodkali bei Schwangern 
anzuwenden, ist nicht rathsam, da ihr Magen und Darmkanal für diese 
Mittel meist zu reizbar sind, und das Jodkali ausserdem eine sehr zwei- 
deulige abortive Wirksamkeit auf die Gefässthäligkeit des Uterus haben 
könnte. Am geeigneisten sind für Schwangere die mildesten Quecksilber- 
Präparate: Ung. neapol. in kleinen Dosen äusserlich, oder Mere. gumm. 
Pl., und Calomel oder Hydrarg. cod. flav. mit Opium innerlich. Sublimat, den 
Bonorden vorzieht, könnte, unseres Erachtens, eher gifliig auf die Frucht 
wirken und Abortus befördern. Leidet die Mutier in der letzten Periode 
der Schwangerschaft an primären Genitalgeschwüren, so muss man diese,
	        
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