Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
  
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614 Simon, Syphilis. 
mehr als zweifelhaft; denn nirgends kommen sie vielleicht häufiger und in 
srelleren Exemplaren vor. Wollte man wiederum, wie Einige thun, die 
bösartigen und schwer heilbaren Formen der Syphiliden allein dem 
Quecksilber zur Last legen; so würde man ungerecht und einseitig 'urlhei- 
len, da der wahrscheinlichere Grund der ist, .dass in England keine Be- 
aufsichtigung des Gesundheitszustandes der Öffentlichen Mädchen stattfin- 
det, wodurch sowohl die Intensität als die Verbreitsamkeit des Contagiums 
gesteigert wird. 
$. 425. Die Meinung, dass aufgewisse Formen der Genitalgeschwüre 
gewisse Ausschlagsformen folgen (Carmichael, Judd) ist nach Erfah- 
rung anderer Aerzte (Hennen, Colles, Bonorden, Cazenave, Al- 
bers) und nach unserer eigenen nicht gegründet. Als Hauptgrund gegen 
Carmichael gilt besonders die Beobachtung, dass mehrere Arten von 
Syphiliden, z. B. Flecke, Papeln, Pusteln und Geschwüre gleichzeitig 'vor- 
kommen, und dass nach dem Verschwinden der einen Form oft eine an- 
dere folgt. Dies könnte nicht der Fall sein, wenn Form und Charakter der 
syphilitischen Exantheme von der Art der ursprünglichen Geschwüre ab- 
hingen, oder man müsste denn eine sehr unstaithafte und problematische 
Complication zu Hülfe nehmen, dass zwei oder drei verschiedene veneri- 
sche Gifte zugleich bei der Infection wirksam gewesen wären. Wahr ist 
nur so viel, dass auf leichte, oberflächliche und gutarlige Genitalgeschwüre 
in der Regel auch nur leichte und gutartige Eruptionen, Flecke, Roseola 
oder Papeln folgen; auf tieffressende, callöse Schanker aber die pustulösen 
und tubereulösen Syphiliden mit ihren Ausgängen in krustöse Geschwüre. 
Diese Verschiedenheit hängt aber entweder von einer milden oder sehr 
virulenten Infeetion, oder auch von der Individualität, von der Lebensweise 
und von der verschiedenen Empfänglichkeit für das syphilitische Conta- 
gium ab. Endlich kommt es bei der Artung der syphilitischen Exantheme 
auch noch darauf an, ob und wie'Quecksilber gegen die primären und 
secundären Symptome gebraucht worden ist. Ein zweckmässiger, metho- 
discher Gebrauch trägt zur Milderung etwaiger Recidive bei, indem er die 
syphilitische Dyskrasie mehr oder weniger stark dämpft; ein unzweckmäs- 
siger, unmethodischer, schwacher Gebrauch des Quecksilbers verschlim- 
mert und complieirt die Seuche mit Merkurialdyskrasie, wodurch die Sy- 
philiden abarten und in die schlimmsten Formen von Pusteln, Tuberkeln 
und fungösen Geschwüren, in das sogenannte Eethyma cachecticum und 
Rhypia prominens übergehen. Eine Behauptung Carmichaels ist indess 
nicht ganz ungegründet, dass auf phagedänische Genitalgeschwüre die 
schlimmsten und hartnäckigsten Formen der allgemeinen Lues folgen: 
phagedänische Halsgeschwüre, zerstörende Ozänen, und demgemäss auch 
die schlimmsteu und bösartigsten Formen von Syphiliden, die sich eben- 
talls durch einen phagedänischen Charakter auszeichnen. 
Diagnose der Syphiliden. 
$. 426. Da die Formen der syphilitischen Hautausschläge so man- 
nigfach sind, da sie bald den impeliginösen, bald den herpetischen, den 
leprösen, den skorbutischen mehr oder weniger gleichen, ja bisweilen mit 
diesen komplieirt sein können; da ferner der Quöcksilbergebrauch wesent- 
liche, oft enistellende Modifikationen derselben herbeiführt, und da sie 
endlich bald lokal, bald allgemein über den Körper verbreitet auftreten; 
so ist die Diagnose nach ihrer äusserlichen Form uud Artung nicht immer 
so ganz sicher und absolut, und wir müssen deswegen auf die Antece-
	        
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