Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
616 Simon, Syphilis. 
endlich nicht entscheidend, weil, wenn das Metall nicht sehr methodisch 
und energisch gebraucht wird, hartnäckige, tiefgewurzelte und abgeartete 
Syphiliden ihm oft nicht weichen oder sich dadurch verschlimmern. Wollte 
man also in zweifelhaften Fällen nach dem Erfolg einer Merkurialkur allein 
urtheilen, so könnte man leicht in einen doppelten Irrthum verfallen: ein- 
mal, dass ein Ausschlag syphilitisch gewesen, weil er dem Quecksilber 
unschwer gewichen, zweitens, dass ernicht syphilitiscb gewesen, weil das 
Präparat oder die Meihode des Gebrauchs nicht angemessen war und der 
Ausschlag dadurch nicht allein nichi geheilt, sondern verschlimmert wurde. 
Denn allerdings modifieirt und verschlimmert ein unkräftiger und unmetho- 
discher Gebrauch des Metalls nicht selten die Syphiliden und verwandelt 
sie in kacheklische Geschwüre, die ein schwer heilbares Gemisch von sy- 
philitischer und merkurieller Kachexie bilden. Kurz, wenn auch in man- 
chen Fällen die specifische Behandlung und ihr günstiger Erfolg unsere 
zweifelhafte Diagnose zu bestätigen geeignet ist, so ist sie keineswegs ein 
absoluter Probirstein. 
S. 430. Immer werden wir, wenn auch mit einigen Ausnahmen, auf 
das charakteristische Gepräge der meisten Syphiliden zurückgewiesen, wenn 
man auch, wie Ricord bemerkt, alle Hautausschläge durch Syphilis re- 
präsentirt und repelirt findet. Charakteristisch ist vor Allem der selten 
fehlende kupferfarbige Hof und Grund, ihre meist runde Form, ihre ver- 
schiedenartigen Abstufungen von der Maecula bis zu den Pusteln und Tu- 
berkeln, die Neigung zur Ulceration, die häufige Verwandlung der einen 
Form in die andere, das gleichzeitige Vorkommen der verschiedenen For- 
men bei einem und demselben Individuum. Auch zeichnen sie sich da- 
durch aus, dass sie gern den Kopf und das Gesicht befallen und die Stel- 
len, wo die Knochen dicht unter der Haut liegen. Jucken und Schmerz 
ist nur ausnahmweise vorhanden; eben so wenig haben sie einen spe- 
cifischen Geruch, obgleich einzelne Beobachter einen solchen bemerkt ha- 
ben wollen. Nur geschwürige und eiternde Syphiliden, besonders bei un- 
reinlichen Menschen, verbreiten bisweilen einen sehr unangenehmen, föti- 
den Geruch. Auch den zurückbleibenden Narben hat man ein speeifisches 
Ansehen beigemessen; aber viele Syphiliden hinterlassen gar keine Narben, 
und diese gleichen theils den Pockennarben, den skrophulösen Narben oder 
auch denen, die nach Verbrennungen oder gewöhnlichen Hautverletzungen 
und Geschwüren zurückbleiben. Charakteristischer sind dagegen die kupfer- 
braunen, lividen Flecke, die in der Regel nach dem Schwinden der Sy- 
philiden und der syphilitischen Hautgeschwüre an den behaftet gewesenen 
Stellen noch lange sichtbar bleiben und sich oft nie ganz verlieren, wenn 
die syph. Dyskrasie nicht gründlich getilgt worden ist. 
$. 431. Sind im Allgemeinen die Syphiliden, vermöge der eben er- 
wähnten charakteristischen Symptome, von anderen Exanthemen in der 
Regel unschwer zu unterscheiden, so lassen sich auch die besonderen For- 
men derselben durch ihr eigenthümliches Gepräge und ihren Verlauf von 
ähnlichen Hautausschlägen aus andern Ursachen leicht trennen.‘ Wenn 
z. B. die syphitische Roseola anfangs auch der einfachen ziemlich 
ähnlich sieht, so wird sie doch bald durch ihren Uebergang in kupfrige, 
schmutzig braune Flecke kenntlich, während die einfache Roseola sich 
nach wenigen Tagen entfärbt und höchstens eine leichte Desquamation 
zurücklässt. Darum ist auch eine Verwechselung mit dem Erythem, das 
vom Gebrauch des Kopaivabalsam öfter entsteht, auf die Dauer kaum mög- 
lich. Dasselbe gilt vom papulösen Erythem, das sich ebenfalls durch die 
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