Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
  
  
626 Simon, Syphilis. 
wöhnlich sehr schwach und abgezehrt sind. Im Gegentheil muss man oft 
eine milde, nahrsame Diät, stärkende Fleischsuppen, leichte Fleischspeisen, 
Milch oder Malzbier damit verbinden, Wein und Weinspeisen nur aus- 
nahmsweise gestatten. da sie mehr erhitzen und reizen, als nähren. Wenn 
aber nach mehrwöchentlicher Steigerung der Metallgaben Salivation ein- 
tritt, so muss man diese nicht ängstlich zu umgehen suchen; denn sie 
vollendet dann, was die Mereurialkur behutsam eingeleitet. Wir haben 
aufgegebene Patienten auf diesem Wege gründlich hergestellt, was doch 
unmöglich gewesen sein würde, wenn das leitende Princip der Kur falsch 
und unpractisch wäre. 
S. 452. Zwar wird in der Regel der Rath gegeben, wenn der Kranke 
bei den pustulösen und tubereulösen Ausschlägen und Geschwüren, beim 
Ecthyma cacheeticum und den perforirenden Tuberkeln, sehr herunterge- 
kommen ist, von aller speeifischer Behandlung abzustehen, bis der allge- 
meine Gesundheitszustand gebessert ist. Zu dem Ende hat man gelinde 
Tonica, Mineralsäuren, China, Jodeisen, stärkende Diät, und gegen die 
schmerzhaften Geschwüre innerlich und äusserlich Opium empfohlen. Aber 
diese symptomatische Behandlung, wozu noch Landluft, warme Bäder, 
Schwefelbäder, Seebäder gehören, verfehlt gewöhnlich ihren Zweck, da 
die syphilitiische Kachexie wohl dadurch temporär beschwichtigt und gleich- 
sam übertüncht, aber selten geheilt wird. Die Patienten erholen sich für 
einige Zeit bei einer solchen Kurmethode, die Ausschläge und Geschwüre 
bessern sich und heilen theilweise; aber die Besserung ist nur scheinbar 
und ihr Zustand verschlimmert sich wieder, sobald diese Behandlung wie- 
der aufgegeben wird, oder die Patienten in der Länge derselben überdrüs- 
sig werden, weil sie keine gründliche Heilung dadurch bewirkt sehen. Und 
wenn auch die Ausschläge und Geschwüre dabei ganz verschwinden soll- 
ten, So kehren sie doch nach einiger Zeit an denselben oder an andern 
Stellen wieder, oder sie kehren nicht wieder und der Patient ‚stirbt lang- 
sam an Hektik, an Lungenschwindsucht, Leberleiden, Wassersucht, kurz, 
an irgend einer, scheinbar gar nicht von Syphilis herrührenden Kachexie. 
$. 453. Man hat auch gegen hartnäckige syphilitische Ausschläge 
und Geschwüre die Goldpräparate gerühmt; namentlich das Aurum mu- 
riat. natronat, in die Zunge eingerieben oder innerlich gegeben. Wir ha- 
ben im Ganzen wenig Wirkung davon gesehen, worin uns Ricord, Biett 
und Cazenave beisiimmen. — Cuprum sulphurieum, innerlich und äus- 
serlich, ist nicht unwirksam, erfordert aber starke Verdauungswerkzeuge 
und ist bei heruntergekommenen Kranken nicht anwendbar. — Dasselbe 
gilt vom Jodkali, was sonst als Hauptmittel nach verunglückten Mercu- 
rialkuren betrachtet werden kann, und was wir bei recidiven Tuberkeln 
und pustulösen Syphiliden, wenn die Patienten sonst noch kräftig waren, 
mit dem glänzendsten Erfolg angewendet haben. Auch die jodhaltigen 
Quellen, vor allen Kreuznach, mögen sich unter ähnlichen Umständen, 
als Nachkur, heilsam bewähren. — Dagegen müssen wir die Wirksam- 
keit der Kaltwasserkuren, nach dem, was wir wiederholt davon gesehen, 
gegen eingewurzelte syphilitische Ausschläge und Geschwüre für sehr pro- 
blematisch erklären. Wir haben bis jetzt keinen Fall dadurch geheilt ge- 
sehen, und, wo auch eine temporäre Besserung eintrat, zeigte sich doch 
am Ende die syphilitische Dyskrasie durch die Wasserkur unbezwingbar. 
— Eben so wenig leisten Seeluft, Seebäder und Seesalzbäder gegen ernst- 
hafte und hartnäckige syphilitische Ausschläge oder Geschwüre, aber sie 
sind unstreitig wirksam gegen milde Recidive nach eingreifenden Mercu- 
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