Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
  
  
  
  
628 Simon, Syphilis. 
$. 456. Auch bei der Onyxis syphilitica ist die innere Be- 
handlung das Wesentlichste. Bei Entzündung und Ulceration sind örtliche 
narkotische Cataplasmen indieirt, wenn der Schmerz heftig ist; bei wu- 
chernder Verschwärung Caustica, Aq. phaged. viridis, Bestreichen mit 
Lapis, Verband mit Ung. praec. rubri, mit Ung. nigrum, um die Heilung 
zu fördern. Bei der Onyxis sicca schabt man die verunstalieten Nägel 
mit Glas oder dem Messer vorsichtig ab; sind die Schmerzen in den be- 
fallenen Acroterien sehr heftig, so kann man auch Quecksilbersalben mit 
Opium einreiben. 
$. 457. Werfen wir, wie Cazenave, nochmals einen Rückblick 
auf die verschiedenen Behandlungsweisen der Syphiliden und ihre Indi- 
cationen ; so müssen wir auf die Nothwendigkeit einer consequenten und 
energischen Behandlung derselben, besonders der späteren und meist 
hartnäckigen Formen, aufmerksam machen. Cazenave wirft die Frage 
auf, wie lange die Behandlung und namentlich die mit Quecksilber dauern 
soll? und meint, sie müsse jedenfalls, nach dem Verschwinden der Sy- 
philiden noch eine Zeit lang fortgesetzt werden. Wenn der syphilitische 
Ausschlag nur oberflächlich ist und nach einem Monate oder sechs Wo- 
chen verschwindet, so sollen wir die gebrauchten Mittel noch vier 
Wochen fortsetzen; in den ersten zehn Tagen in derselben Dosis, in 
den folgenden zwanzig in verminderter Dosis. Ist die Syphilide hingegen 
hartnäckig und greift sie tief ins Hautgewebe ein, so soll man nach 
Verschwinden des Ausschlags den Kranken 14 Tage ruhen lassen, dann 
aufs Neue die frühere Behandlung mehre Wochen iin derselben Stärke 
forisetzen, dann eine abermalige Pause machen und wieder anfangen, und 
auf diese Weise 2, selbst 3 Mal zwischen Behandlung und Ruhe abwech- 
seln, ehe man den Kranken für völlig hergestellt erklärt. Bei dem so 
ehroniechen Verlauf der Syphiliden sei der energische Gebrauch kräftiger 
Heilmittel eine unumgängliche Bedingung zur Genesung, und die über- 
triebenen Klagen der Aerzte über die Hartnäckigkeit der Syphiliden rüh- 
ren zum Theil nur vom Mangel an Ausdauer und Consequenz bei den 
Aerzten und Kranken her. 
$. 458. Wenn wir aber auch Cazenave darin beipflichten, dass 
besonders bei den spätern, eingewurzelten und tiefgreifenden Syphiliden 
eine ernsthafte und consequente Behandlung unerlässlich ist, um eine 
gründliche Heilung zu erzielen; so können wir uns doch mit Dem, was 
Cazenave darunter versteht, und mit der Art der Ausführung durchaus 
nicht einverstanden erklären; denn sie läuft am Ende auf ein langwieri- 
tiges, unentschiedenes Hin- und Herkuriren hinaus, was die vollständige 
Genesung keineswegs verbürgt. Unter energischem Gebrauch kräftiger 
Heilmittel, unter Ausdauer und Consequenz versiehen wir ganz etwas An- 
deres als Cazenave und die meisten französischen Aerzte, die beim 
Quecksilbergebrauch durchgehends der Extinetionsmethode huldigen, d. h. 
ihn ausselzen, so wie sich das Zahnfleisch roth und empfindlich zeigt 
und sich die geringsten Vorboten des Speichelflusses einstellen. Diese 
Methode, die jede tiefergreifende Wirkung des Metalls auf den Organismus 
ängstlich zu umgehen sucht, führt gewöhnlich und unvermeidlich nur zu 
Palliativkuren der Syphilis überhaupt und so auch der Syphiliden. Daher 
kommt es, dass die französischen Aerzte so sehr über die Hartnäckigkeit 
der Syphiliden klagen. Sie scheuen jede pathologische Wirkung des 
Quecksilbers und brechen die Kur ab, wo es gerade darauf ankommt, 
sie mit Energie, wenn auch mit möglichster Schonung und Vorsicht, 
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