Allgemeine Symptomatologie, 155
verdaut, zu Schaum geschlagenes Eiweiss weit leichter; bei dem ersteren
wirkt der Magensaft nur auf die Oberfläche ein, bei dem letztern durch-
dringt er die ganze Masse und findet so zahlreichere Angriffspunkte. In
derselben Weise verhält es sich mit den verschiedenen Brodarten etc.
Aehnlich dem compaecien Gefüge, wirkt Durchtränkisein der Masse mit
Fett, welches dem wässrigen Labsaft das Eindringen erschwert. Fette
Speisen sind daher unverdaulicher als feltärmere.“
Uebrigens sind einfache Speisen den zusammengeselzien sieis voT-
zuziehen, und je geringer das Verdauungsvermögen, desto rälhlicher ist
es, die Zusichnahme verschiedener Galtungen von Nahrungsmitteln auf ein-
mal, zu verbieten. — Die Bestimmung des Temperaturgrades der Nahrungs-
mittel richtet sich grossentheils nach individuellen Verhältnissen. In man-
chen Fällen der Dyspepsie werden Speisen und Getränke nur warm, in
andern nur kalt vertragen. Der Zusatz von Gewürz und reizenden Sub-
stanzen im Allgemeinen, die die Magensaftsecretion befördern, kann in
solchen Fällen zweckmässig sein, wo in der Trägheit der Magenbewegun-
gen und der Magensaftseeretion der wesentliche Grund der Verdauungs-
störungen gelegen ist; wo hingegen die Reizbarkeit des Magens eine be-
deutende, hyperaemische oder acute entzündliche Zustände desselben vor-
handen sind, wirken sie sieis nachtheilig. Unter den erstgenannten Be-
dingungen können auch geringe Mengen alten Weins, oder abgelegenes,
gut ausgegohrenes Bier erlaubt werden, während im Allgemeinen Wasser
das passendste Getränk bei dyspeptischen Zuständen ist. Emulsionen sind
im Allgemeinen wegen der schwierigen Resorption der Oele zu meiden,
säuerliche Getränke, wie Limonade, Früchtenabgüsse können erlaubt wer-
den, insofern nicht Zeichen übermässiger Säurebildung im Magen vorhan-
den sind.
3) Kaum minder wichtig ist das allgemeine Verhalten. Mit Ausnahme der
aculen und fieberhaften Fälle, in denen körperliche Ruhe, nach Umständen der
Aufenthalt im Bette beobachtet werden muss, rathe man dem Kranken nach
dem Essen mässige und langsame Bewegung an; liegen die Verdauungs-
kräfte sehr darnieder, so muss die Magengegend zur Zeit der Verdauung
durch stärkeres Bedecken, leichtes Frotliren, durch ein aufgelegtes Pflaster
warm erhalten werden. Zersireuung und Erheiterung des Geistes, ange-
messene körperliche Bewegung, Sorge für Regelung der Stuhlentleerungen,
nach Umständen entweder durch Klystiere oder durch milde Purgantia
und auflösende Mittel (Seife, bittere Pflanzenextracte u. s. w.) für Herstel-
lung der Hautfunclion durch öftere warme Bäder dürfen nicht übersehen
werden. Bei übrigens gesunden Individuen, bei längerer Dauer der Krank-
heit und Abwesenheit von Reizungserscheinungen leisten oft kalle Waschun-
gen, Fluss- und Seebäder, der reichliche Gebrauch des kalten Wassers,
stärkere körperliche Bewegungen, wie Fussreisen, Reiten, Turnen u. drgl.
ausgezeichnete Dienste.
$. 38. Die eigentliche therapeutische Behandlung muss die Ursache
und Dauer der Krankheit, die hervorstechendsten Symptome, die muth-
massliche Beschaffenheit der Verdauungssecrete und der Verdauungs-
schleimhaut berücksichtigen. — In den durch Indigestion, durch starke
Schleimansammlung oder die Gegenwart anderer nachtheilig wirkender
Substanzen verursachten Fällen, müssen oft Brechmittel angewendet wer-
den. Dabei darf natürlich der Eıregung des Erbrechens kein wichtigeres
Bedenken entgegenstehen, die schädlichen Substanzen müssen sich wirk-
lich, was sich zum Theile dureh die objective Untersuchung nachweisen
lässt, noch im Magen befinden, und es müssen Uebligkeiten, Brechneigung,