162 Bamberger, Krankheiten des Digestionstractus.
die Nahrungsmittel zu unterscheiden, die verschiedenartigsten und häufig
eckelhaftesten Gegenstände, und es ist dieser Zustand bei diesen sowohl,
als auch bei anderen Individuen manchmal mit Polyphagie vergesellschaf-
tet, in anderen Fällen sind gleichzeitig cardialgische Anfälle oder nervöse
Erscheinungen in andern Organen vorhanden.
$. 50. Von den Gegenständen, nach denen das abnorme Verlangen
gerichtet ist, sind die gewöhnlichsten: Kreide, Kalk, Thon, Sand, Steine,
Erde (schon Hippocrates erwähnt das Verschlingen von Steinen und Erde
bei cachectischen jugendlichen Individuen), Kaffeebohnen, Kohlen, Papier,
Essig und andere Säuren, Fliegen, Spinnen, Läuse und andere Insec-
ten, Kröten, Schlangen, endlich selbst Glas, Stroh, Koth und Unrath
aller Art.
Dieser Zustand ist häufig vorübergehend, wie gewöhnlich bei Schwan-
geren und Chlorotischen, in andern Fällen dauert er unbestimmte Zeit,
selbst durch das ganze Leben an. Die Folgen für die Gesundheit sind
nicht selten unerheblich oder sie fehlen gänzlich, in andern Fällen hinge-
gen können durch die schädliche Beschaffenheit der genossenen Gegen-
stände Verstopfungen, mechanische Verletzungen, Entzündungen, Erweite- 4,
tungen, Perforationen und ähnliche Folgen an den Verdauungsorganen, Hanı
insbesondere am Oesophagus und Magen zu Stande kommen. =
$.51. Die Behandlung muss gegen die Ursache gerichtet sein. Zweck-
mässige Behandlung der Chlorose, der Hysterie, der Menstruationsstörun-
gen, Sexualkrankheiten u. s. w. hebt auch beinahe stets das davon abhän-
‚gige Symptom. Hat das Verlangen eine gewisse Zweckmässigkeit, wie jenes
nach sauren, alkalischen oder absorbirenden Mitteln unter den oben ange- Mi
gebenen Umständen, so sind, statt der von demKranken gewählten, häufig L;
unreinen und mit hetrogenen Substanzen gemengten Stoffe die entsprechen-
den pharmaceutischen Praeparate anzuwenden, obwohl manche Kranke oft
mit einer besonderen Vorliebe bei den, von ihnen gewählten Substanzen ver-
harren und diese selbst den zweckentsprechenden Medicamenten vorzie-
hen. Bei Schwangeren ihut man mit Berücksichtigung der schwer zu ent-
wurzelnden allgemeinen Meinung wohl, dem Verlangen nach Gegenstän-
den, die nicht geradezu schädlich sind, zu gewähren, jedenfalls scheint
mir dies weit unbedenklicher als der Rath Franeier’s und Copland’s:
Schwangere, die an Pica leiden, einer gehörigen Purgirkur zu unterziehen.
Ist das Verlangen nach schädlichen Gegenständen gerichtet, so muss man
diesem unter allen Umständen enigegentreien. Besteht die Krankheit ohne
nachweisbare Ursache oder ist sie durch Gewohnheit erworben, so kön-
nen neben dem Einflusse der Ueberredung, die Entfernung des gewohnten
Gegenstandes aus dem Bereiche des Kranken, das Bemühen, sein Verlan-
gen nach unschädlichen Gegenständen zu richten, unter Umständen eine
strenge Entziehungskur, eckelerregende, Brech- und Abführmittel von Er-
folg sein.
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Cardialgie. Magenkrampf.
(Magenschmerz, Gastrodynie, Gastralgie, Colica ventrieuli.) ver
Fr. Hoffmann, Op. omn. Supl. II. 143. —J.Stahl, Diss. Erf. 1731. — A.de Haen Carı
Rat. medend. P. VI. Cap. 1. Vienn. 1661. — W. Trnka de Krzowitz Historia ih
Cardialgiae omnis aevi observata medica eontinens Vindob. 1785. — Odier, in e
Sammlung auserl. Abhandl. Bd. XI. p.326.— Lentin, in Beiträgen zur ausübend.
Arzneiwissenschaft. Leipz. 1789. —C.H. V, Class, Diss. de Cardiälgiae natura et