Full text: Krankheiten des chylopoetischen Systems (6. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
  
  
  
  
0 Bamberger, Krankheiten des Digestionsiraclus. 
berücksichtigt. Ob die Kolik an und für sich bei hohen Graden der In- 
tensität durch Erschöpfung des Nervensystems, durch Lähmung des Darm- 
kanals tödtlich werden könne, ist eine schwer zu beantwortende Frage, 
da so heflige Grade derselben nur selten ohne wichtige anatomische Ver- 
änderungen des Darmkanals vorkommen, die jedenfalls als ursächliche 
Momente des tödtlichen Ausgangs schwerer in die Wagschale fallen. 
Wenn man überdiess berücksichtigt, dass selbst in den hefligsien Formen 
der Bleikolik der Tod niemals durch diese, sondern stels nur durch Com- 
pliealionen oder die Wirkung des Bleies auf andere Organe erfolgt, so 
muss jene Annahme um so zweifelhafter erscheinen, ohne dass darum 
geläugnet werden kann, dass die Kolik wesentlich mit zu dem durch an- 
dere Umstände bedingten Tode beitragen könne. Die Angaben älterer 
Schriftsteller über den Ausgang der Kolik in Ileus oder Brand des Dar- 
mes bedürfen wohl nach dem, was über das Wesen und die Begründung 
dieses Sympiomes angegeben wurde, keiner weitern Berichtigung, da es 
selbsiverständlich ist, dass hier eine irrige Auffassnng des ursächlichen 
Zusammenhangs obwaltet. 
8, 123. Bei der Schwierigkeit, die ursächlichen Momente der Kolik 
steis mit Sicherheit zu ergründen, ist grosse Behutsamkeit bei der Pro- 
gnose nicht genug zu empfehlen. Sowohl unter der acuten als unter der 
chronischen Form derselben verbergen sich oft die wichtigsten und ge- 
fährlichsten Leiden der Unterleiksorgane, die oft plötzlich zum Tode füh- 
ren. Bei der Erstern vergesse man nie an die Möglichkeit einer Vergif- 
‚tung, eines acuten entzündlichen Leidens des Darmkanals, einer äusseren 
oder inneren Incarceration, einer beginnenden Peritonilis zu denken, in 
Fällen von chronisch verlaufender oder öfters recidivirender Kolik hinge- 
sen muss man stets auf das Vorhandensein von Geschwürsbildungen, 
seirrhösen Entartungen, Verengerungen, Compressionen, Lageveränderun- 
gen, unvollständigen Incarcerationen und Achsendrehungen Bedacht haben. 
BEHANDLUNG. 
$. 124. Wenn vom theoretischen Standpunkte die causale Behand- 
lung das erste Postulat ist, so ist hingegen vom practischen die sympto- 
matische Therapie nicht selten das erste Desiderat. In welcher Ausdeh- 
nung die eine oder die andere in ihre Rechte treten, welche das ersie 
Handeln leiten soll, und in wie ferne beide mit einander vereinigt werden 
können, kann nicht Gegenstand allgemeiner Erörterung sein, sondern muss. 
durch die Eigenthümlichkeit des Falls, durch die Dringlichkeit der Erschei- 
nungen und durch die Möglichkeitsgrenzen des Handelns bestimmt werden. 
- Dass unter gewissen Umständen, wie z. B. bei eingeklemmten Hernien, 
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bei Vergiftungen, die Hebung der Ursache unter allen Bedingungen die 
erste Berücksichligung finden muss, bedarf kaum besonderer Erwähnung. 
8. 125. Causale Behandlung. Ein näheres Eingehen in die 
oben angegebenen ätiologischen Verhältnisse wird leicht jene Fälle erken- 
nen lassen, in welchen die causale Behandlung vorzugsweise Berücksich- 
tigung verdient. Im Allgemeinen ist diess insbesondere bei ‚den auf Ano- 
malieen des Darminhalts beruhenden Koliken der Fall, bei welchen je 
nach der Verschiedenheit der Umstände die Entfernung der Ursache allein 
zur Heilung hinreicht, häufig aber wegen der die Ursache überdauernden 
Wirkung gleichzeitig oder in nächster Folge ein symptomalisches, gegen 
die Kolik selbst gerichtetes Verfahren nothwendig wird. In den auf Tex- 
turerkrankungen oder abnormer Innervation beruhenden Fällen ist hin- 
  
  
  
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